Meine Nachbarin ist eine feine, ältere Dame. Sie sagt, sie würde noch den Vater kennen. Sie sagt, er sei stets mit einem kleinen, lustigen Lastwagen vorgefahren. Immer freundlich und er habe ihr die Pakete bis in die Küche getragen. „Ein wirklich charmanter Mann. Ein echter Italiener eben!“, sagt sie und lächelt dabei. Heute werden die Bestellungen nicht mehr persönlich überbracht, aber ein Lächeln für den, der auspackt, wird immer noch mitgeliefert. Ein Lächeln, weil es sich anfühlt, als hätten liebe Freunde leckere Sachen eingepackt. Leckere Sachen aus der Fattoria La Vialla in der Toskana.
Eine Erfolgsgeschichte!
Der charmante Italiener hieß Piero Lo Franco. Er und seine Frau Giuliana hatten einen Traum. Und weil sie ihn unbeirrbar und mit Liebe in die Tat umsetzten, steht die Fattoria La Vialla heute als eines der erfolgreichsten Familienunternehmen Italiens da. Mit internationalen Preisen überhäuft und unzähligen Fans auf der ganzen Welt.
Das, was als Olive all’Arancia oder Sugo Bombolino in die Schraubdeckelgläser kommt, ist der Natur nicht mit Kunstdünger und Pestiziden abgepresst worden. Es stammt von Böden, die mit dem alten Wissen der Bauern gesund erhalten werden. Böden, die Heimat für die klitzekleinen Helferlein sein dürfen, die den Boden lockern, und für die Pflanzen, die in Ruhe die toskanische Sonne speichern dürfen. Zum Dank schenken sie uns saubere Luft, köstliche Trauben, Oliven und knackiges Gemüse.
Jeder kann kommen und schauen
Von Hand gepflückt und von Hand verarbeitet. Keine charakterlosen Abfüllstraßen hinter fensterlosen Betonmauern. Die Töpfe sind ein bisschen größer als die, die bei der toskanischen Mama auf dem Herd stehen, doch das, was hier abgefüllt wird, ist mit genauso viel Liebe zubereitet. Überall weht ein Duft von Basilikum. Die Frauen an den Töpfen schwatzen und kichern, dass die weißen Hauben auf ihren Köpfen lustig hin und her wippen.
Es ist eine Stimmung, die das Herz weitet… und Hunger macht. Und niemand wundert sich, wenn eine der Frauen aus der Soßenküche kommt, dich am Arm nimmt und sanft auf eine der Bänke vor dem Haus dirigiert. Minuten später steht ein Teller vor dir, auf dem roter Sugo über dampfende Spaghetti fließt. Das ist kein toskanisches Märchen. Das ist Alltag in der Fattoria La Vialla. Ich habe es selbst erlebt.
Vom Feld bis ins Glas oder in die Tüte – alles ist Handarbeit.
Wer hier arbeitet, ist ein „Viallino“ und dies oft schon in der zweiten Generation. Die Fattoria ist ein wichtiger Arbeitgeber in dieser Gegend. Die „Viallini“ arbeiten auf den Feldern, pressen das kostbare Olivenöl und keltern den Wein. Sie backen die Cantucci und wälzen die Tartufi al Cioccolato in Kakao.
Wie kann das gehen, Produkte in so großem Maßstab herzustellen und gleichzeitig die strengen Anforderungen zu erfüllen, die bei echten Demeter-Lebensmitteln eingehalten werden müssen? Die Antwort lautet: engagierte, regenerative Kreislaufwirtschaft und unbeirrbare Liebe zur Natur.
Naturschutz ist oberstes Gebot
Bei einem der berühmten Abendessen auf der Fattoria saß ich mit einem professionellen Vogelkundler am Tisch. Die Vorspeisen und die Dolci zum Dessert werden auf großen Platten serviert, sodass jeder nimmt, so viel er mag. Der Vogelkundler berichtete atemlos von den unglaublichen 134 (!) Vogelarten, die er bisher auf dem Gelände katalogisiert habe. Vor lauter Begeisterung vergaß er zu essen. Er ahmte das „Huup-Huup“ des seltenen Wiedehopfes nach und strahlte, als er berichten konnte, bereits sechs Brutpaare entdeckt zu haben. Das sei mehr als in vielen deutschen Bundesländern leben und das läge daran, dass die Bäume hier im Kreislauf der Natur bleiben dürfen, auch wenn sie keinen Ertrag mehr bringen. An diesem Abend habe ich für zwei gegessen. Ich konnte die leckeren Sachen auf den Platten doch nicht einfach zurückgehen lassen.
Kein Marketing-Märchen
Vieles, was in der Fattoria erlebbar ist, scheint fast zu schön um wahr zu sein, aber wird auf den Feldern und in den vielen Bruchsteinhäusern gelebt. Vor allem aber handelt es sich um sehr viel Arbeit und Beharrlichkeit. Die Fattoria unterscheidet sich kaum von einem traditionellen, italienischen Selbstversorger-Bauernhof. Nur eben viel größer. Ein Familienbetrieb, der seit knapp 50 Jahren beweist, dass die Natur nicht ausgebeutet werden muss, um gute Erträge zu erzielen.
2007 übergaben die Eltern ihr Lebenswerk offiziell an ihre drei Söhne. Gianni, Antonio und Bandino führen den Hof gemeinsam. Gianni kümmert sich um die kaufmännischen Dinge, Bandino ist der Experte für Olivenöl und Antonio ist für die Weinberge, die Kellerei und das Marketing zuständig.
Bio–Weine mit höchsten Auszeichnungen
Anfangs belächelt, werden die Weine aus der Fattoria La Vialla heute mit Preisen überhäuft. Kaum jemand glaubte daran, dass biozertifizierte Weine so großartig sein können. Inzwischen wurden die Lo Francos als „Weinfamilie des Jahres“ ausgezeichnet. Dreimal als „Bio-Weingut des Jahres“ – Die Urkunden an den Wänden im Weinkeller sind kaum noch zu zählen: „Erzeuger des Jahres“ – neunmal bei MundusVini Biofach. „Bester Winzer“ – viermal bei VinItaly Wine without Walls. „Best Producer Organic Italy“ zwölfmal (Berliner Wein Trophy). Rot, weiß, rosé und Spumante. Die Weine sind köstlich, die Auszeichnungen hochverdient und die Preise pro Flasche immer noch moderat.
Vor Kurzem bekam die Fattoria eine Auszeichnung, die einem Ritterschlag gleichkommt. Sie wurde Siegerin beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2024, verliehen von der deutschen Bundesregierung für ihr „herausragendes Beispiel für Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft“. Eine verdiente Ehre und eine Verbeugung vor der Vision des Gründervaters Piero Lo Franco, der sich vornahm, ausgebeutete Böden wieder gesund zu machen und respektvoll mit der Natur umzugehen. Er hat das angeschoben, was seine Söhne so wunderbar fortführen.
Eine Speisekammer am Attersee
Die leckeren und gesunden Delikatessen aus der Fattoria kann man per Prospekt bestellen. Meine Nachbarin macht dies seit mehr als 40 Jahren. Noch schöner ist es, an Ort und Stelle einzukaufen. In der Toskana in der Nähe von Arezzo. Oder im Ort Attersee am Attersee in Oberösterreich.
Am Attersee? Richtig gelesen. Am 18. Mai öffnete die „Speisekammer der Fattoria La Vialla“ am gleichnamigen Ort am See ihre Türen. Ein schöner Name für einen feinen Ort, angefüllt mit Erzeugnissen der Fattoria. Viele der wunderbaren Lebensmittel werden hier zum Probieren gereicht. Ich empfehle, Ausschau nach den Brotwürfeln zu halten und eine Olivenöl-Verkostung zu machen.
Es gibt fünf herrliche Sorten. Mein Lieblingsöl ist das ungefilterte „Leggero“ und ich gestehe, ich esse immer ein paar ölgetränkte Brotstückchen mehr als eigentlich nötig. Einfach weil es so lecker ist.
Eine gute Adresse
Ich werde bald meine nette Nachbarin überraschen und mit ihr nach Attersee fahren. Dann kann sie einige der „Viallini“ kennenlernen, die seit 40 Jahren ihre Bestellungen in Pakete packen. Und mir selbst mache ich auch eine Freude. Ich werde mich mit Sonnenkosmetik aus der Fattoria eindecken und mit meiner neuesten Entdeckung. Oder hat jemand geglaubt, die werfen das, was beim Pressen des Öls übrig bleibt, einfach weg? Die Viallini mahlen die Kerne und machen ein Körperpeeling mit Olivenkernen daraus. Wunderbar. Macht die Haut im Handumdrehen sommerschön!
Fattoria La Vialla – Speisekammer Attersee
Palmsdorf 108
4864 Attersee am Attersee
www.lavialla.com
Text: Martina Goernemann