Brus, Muehl, Nitsch, Schwarzkogler
Sammeln bedeutet Leidenschaft. Kunst bedeutet Leben. In der Galerie „Kunst & Handel“ bei Gerhard Sommer ist immer was los. Schon in der Jugend interessierte sich Gerhard Sommer für Kunst. Er lernte Koch und übte diesen Beruf 20 Jahre lang im kultigen Schuberthof aus, so war der Kontakt zu Künstlern gegeben.
„Ich habe mit Kleinigkeiten zum Sammeln begonnen, das wurde immer ärger, bis meine Frau einmal gesagt hat, im Wohnzimmer können wir nicht mehr durchgehen, da muss etwas passieren!“
Die ersten Schritte zur eigenen Galerie …
Veränderung war angesagt. Nach dem Job ab 15 Uhr glitzerte es schon anständig, da wurde Sommers Leidenschaft zum Beruf: „Am Nachmittag habe ich eine kleine Galerie aufgemacht, die Galerie Sommer in der Jahngasse. Das hat sich dann so langsam als gute Adresse herumgesprochen.“
„Dann hat sich der Kreis der Besucher immer mehr ausgeweitet und so habe ich die Aktionisten Günter Brus und Hermann Nitsch kennengelernt.“
Die Grazer Bohème der 1980er hatte endlich eine neue Beschäftigung gefunden: „Zum Sommer gehen“. Für eine mittagsschläfrige Stadt wie Graz war das eine tolle Sache. Für Sommer überhaupt, denn in den 90ern wurde daraus die Galerie Kunst & Handel.
„Ich habe mit Brus und Nitsch schon in den frühen 1990er Jahren Ausstellungen gemacht. Anfang 2000 eine Aktion mit Nitsch, die ‚114. Lehraktion‘, mit 250 Liter verschütteten Blut.“
Für die Aktion wurden 14 Tische aufgestellt und auf den Tischen ist immer etwas anderes passiert. Dabei erklärte der Künstler alles, was er wozu macht. Und es quirlte von interessierten Menschen. Im richtigen Moment kann Graz ein Kulturnabel der Welt sein.
Die Italy Connection
Francesco Conz in Verona war einer der wenigen, der in den 1970er-Jahren Geld für gewagte Kunst (Wiener Aktionismus, Fluxus) ausgab. Hätte es das Archiv von Conz nicht gegeben, wäre Vieles untergegangen, oder vom Winde verweht. Zum Beispiel Archivmaterial der Ausstellung die Gustav Metzger 1966 in London organisierte, zu der er unter anderen KünstlerInnen wie, Yoko Ono, Vostell, die Wiener Aktionisten eingeladen hatte.
„Künstler, wie Günter Brus, Hermann Nitsch und Otto Muehl, haben an Conz Arbeiten verkauft, aber auch sehr viel Archivmaterial nach Verona gebracht.“
Nach dem Tod von Francesco Conz erwarb Gerhard Sommer dessen Sammlung aus dem Nachlass. „Dieses Material haben wir dann fünf Jahre lang in Verona und danach in Graz aufgearbeitet. Eine Riesensammlung!“ Die Gewissensfrage: Bleibt der Aktionismus? „Ja, weil die wichtigsten Museen haben sie in ihrer Sammlung aufgenommen. Von der Tate bis zum Centre Pompidou“, so Sommer.
„Früher hatten wir 90 Prozent Sammler und 10 Prozent Investoren. Heute haben wir 90 Prozent Investoren und 10 Prozent Sammler.“
Die Zeiten haben sich geändert, auch der Markt: Die Kunst wird immer mehr zum Investment. Davon leben natürlich Künstler und Galeristen. „Ich freue mich aber auch über Kunden, die sich ein Geld weglegen und sich so langsam etwas aufbauen“, so Gerhard Sommer. Aber es gibt immer noch Spaß! Der Galerist war dem Künstler Wolfgang Ernst behilflich, seinen selbst gekelterten Wein aus Kroatien nach Österreich zu importieren. „Der ausgezeichnete Biowein bekam in Kroatien keine Prüfnummer, also konnten wir den Wein nur als Kunstwerk, als Weinskulptur, nach Österreich importieren.“
Herr Sommer, wir danken für dieses Gespräch.
Kunst ist? „Kunst ist für mich Leben. Je mehr man sich damit beschäftigt, desto mehr kommt man rein.“ Ein guter Sammler ist? „Er muss schauen, dass er die besten Werke bekommt und nicht die Masse.“ Galerie Kunst & Handel ist? „Meine jetzige Galerie. Der Titel stammt von Brus. Die Erklärung ist einfach: Was habt ihr? Kunst. Was macht ihr damit: Handeln. Dann hat er so einen Bogen zwischen Handel und Kunst gemacht, heißt, der Handel fließt in die Kunst ein.“
Steirische Kunst? „Gibt es Ausgezeichnete! Von Künstlern wie z.B. Herbert Brandl, Günter Brus, Christian Eisenberger, Erwin Wurm, Hubert Schmalix, Alois Mosbacher, Franz Yang-Mocnik und Jack Bauer.“ Aktuelle Kunst? „Graffiti-Künstler mit der Street Art zum Beispiel, das gehört heute einfach dazu. Diese Künstler sind großartig.“ Der Zeit voraus: „Wir hatten drei große Bilder von Gerhard Richter – leider nicht verkauft, weil niemand in Graz die 1,5 Millionen Schilling ausgeben wollte. Die kosten jetzt 20 Millionen, aber in Euro.“
Text von Martin G. Wanko
Galerie Kunst & Handel Sommer GmbH
Bürgergasse 5, 8010 Graz
T 0316 / 81 00 98
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Bild: Florian Lierzer