2015 war Verena Kassar auf der Suche nach ihrer Traumfirma. Soll heißen: Arbeiten auf Augenhöhe, erfüllende Aufgaben und ein Arbeitsplatz mit Sinn. Dabei lernte sie Sarah Reindl kennen. Sarah hatte die Idee für einen verpackungsfreien Shop. 2016 gründeten die beiden Das Gramm, danach gesellte sich noch Das Dekagramm hinzu.
Betritt man einen ihrer Läden, ist man von dem entspannenden Flair überrascht. Keine Supermarkt-Panik, keine überdrehte Beschallung aus Lautsprechern. Natürlich wird eine Ware zum Kauf angeboten, aber in einer unaufdringlichen Art. „Bei einem Einkauf in unseren Geschäften werden alle Sinne angesprochen – schon beim Befüllen der Behälter hört, sieht und riecht man die Produkte – und man darf sogar kosten“, erklärt Verena Kassar.
Einkaufen mit gutem Gewissen
„Das Gramm ist die Greißlerei in der Neutorgasse 7.
Dort bieten wir regionale Produkte und Bio-Produkte an, die wir aus dem nahem Umkreis innerhalb von 100 km beziehen“, antwortet Verena in einem Gespräch mit 40plus. So wollen sie die heimischen Landwirte unterstützen und können einen „echten Warenwert” für nachhaltige Produkte festlegen. Das klingelt im Gehörgang der Freunde der Nachhaltigkeit und auch das, was jetzt kommt:
Wir verkaufen ohne Verpackung und genau die Menge, die der Kunde benötigt.
Damit hätte man weltweit gesehen nur eine minimale Müllansammlung und wahrscheinlich würden nur sehr, sehr wenig Nahrungsmittel ungenutzt im Müll landen: „Verschwendung gibt es bei uns im Laden keine. Wir investieren aktiv in den Klimaschutz und können so am Abend mit gutem Gewissen aus dem Store nach Hause gehen“, so die Miteigentümerin.
Einige Schritte weiter am Joanneumring befindet sich Das Dekagramm.
Im Dekagramm leben wir den Zero Waste Lifestyle. Es ist ein Shop-in-Shop-System auf 130 m2, mit fairer Mode von Mein Lieblingsplatz und BUNA Coffee Roasters.
Der Fokus liegt auf regionale Produkte aus ganz Österreich, daher sind die Preise etwas günstiger und die Auswahl um einiges größer als im Gramm. Die härteste Nuss, die zu knacken ist, scheint die Gesellschaft zu sein: „Im Großen und Ganzen fehlt es immer noch am Bewusstsein in der Gesellschaft. Jeder will bio und regional, aber der Großteil ist noch nicht bereit dafür wirklich Geld in die Hand zu nehmen.“ Und das mit der Nachhaltigkeit ist eben auch für Verena so eine spezielle Sache: „Nachhaltigkeit ist mittlerweile ein sehr breit gefächerter Begriff. Für uns bedeutet er in erster Linie Ressourcen zu schonen und zwar in allen Bereichen – mental, sowie auch materiell.“
Grammgarten und Gramm Akademie
„Mehrweg ist immer besser als Einweg“ ist eine Faustregel und „jeder Kassenzettel ist ein Stimmzettel“. Hier zeigt jeder Konsument, wie er wirklich handelt. Wichtig ist einfach, dass man bewusst durchs Leben geht, bewusst konsumiert und genießt. „Das heißt jetzt nicht, dass man keine Schwächen haben darf, denn mein Lebensstil soll mich nicht einschränken, sondern bereichern. Wenn ich also Appetit auf Chips habe, dann hole ich sie mir. Ich liebe Chips!“
Kurz vor Redaktionsschluss ging noch ein Traum des gesamten Das Gramm Teams in Erfüllung: In Feldkirchen in Graz betreiben sie im Verbund mit Angelika Ertl eine kleine Landwirtschaft, das Gramm Garten, um den gesamten Kreislauf der Nachhaltigkeit mitzugestalten. Der nächste Traum steht quasi schon vor der Türe. Im September rufen sie das Gramm Akademie ins Leben, frei nach dem Motto „Gemeinsam sind wir viele.“
Bleibt nur noch zu fragen, was so die „Lieblingsausreden“ von änderungsresistenten Mitbürgern sind: „Ich hab keine Zeit und mit dem Auto geht’s schneller … eine einzelne Person macht keinen großen Unterschied … im Arbeitsalltag lässt sich Vorgekochtes schwer integrieren.“
Text: Julia Strempfl & Martin G. Wanko
Fotocredit: Das Dekagramm