Die Nachhaltigkeit alleine wird nicht reichen, wenn wir die Klimaziele 2030 erreichen wollen.
Die Radikalen sperren zu. In Graz haben die Unverpacktläden »Das Gramm« und »Das Dekagramm« ihre Pforten geschlossen, in Wien folgte nun die »Fleischloserei«, die einzige Fleischerei Österreichs ohne Fleisch – aber die Zukunft lauert bereits und lächelt uns ins Gesicht. Zwei sehr konsequente Unternehmen, die es nicht geschafft haben, in die schwarzen Zahlen zu kommen. Zwar wird es bestritten, aber die Nachfrage dürfte nicht ausreichend gewesen sein, oder die Affinität gerade junger Leute, mit zu geringer Kaufkraft, war als Hauptkundschaft nicht ausreichend.
E-Autos: Die Reichweite macht das Rennen.
Andererseits ist die Idee der Nachhaltigkeit bei der breiten Masse längst angekommen. Die Neuzulassungen der strombetriebenen Autos machen im Frühjahr 2023 rund 20 % aus, damit übersteigt man bereits die dieselbetriebenen Fahrzeuge. Und natürlich darf die Frage gestattet sein, ob ein Auto jemals nachhaltig sein kann, nimmt doch die Erzeugung gewaltig Ressourcen in Anspruch und ist der Individualverkehr mit dem PKW eigentlich einer der größten Sargnägel einer ausgeglichenen Klimabilanz. Aber die Zeiten des strikten Öko-Fundamentalismuses sind einer gesunden Realitätswahrnehmung gewichen. Grüne Steiermark Klubobfrau Sandra Krautwaschl dazu im 40plus-Gespräch: »Für mich ist das ›nachhaltigste‹ Auto derzeit ein E-Carsharing-Auto. Ich nutze e-Carsharing, wenn ich keine Möglichkeit habe, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Fahrrad zu fahren.« Ein Trend, dem junge, urbane Stadtbewohner folgen, die ansonsten bewusst auf ein Auto verzichten.
Das größte Hindernis scheinen sicher noch die Langstrecke, verbunden mit dem Netz der Ladestationen, zu sein, aber auch hier gehen die Entwicklungen rasant in die richtige Richtung: Laut Europaparlament will man das ehrgeizige Vorhaben, die CO2-Emission durch Verbrennermotoren bis 2025 um 50 % zu reduzieren, mitunter durch eine Million Ladestationen in ganz Europa realisieren. Bleibt noch die Reichweite: Beim ÖAMTC verweist man auf eine Studie des Fraunhofer-Instituts, die besagt, dass durch eine Verringerung des Energieverbrauchs durch Elektronik, Leichtbau etc., es bei gleichem Batterieplatzbedarf zu einer Verdopplung der Reichweite bis 800 Kilometer in den kommenden zehn Jahren kommen könnte.
Eineinhalb Blatt Wurst.
Natürlich kann man jetzt fragen, ist ein Urlaub im Ausland jemals nachhaltig, geht er doch mit einer längeren Anreise, zumeist mit Flugzeug und einer Zerstörung von Ressourcen (Hotels und Infrastruktur) einher. Andererseits lehnen nur 4 % aller Österreicher*innen der Umwelt zur Liebe Urlaubsreisen ab. Als sinnvolle Alternative zum Massentourismus bringen immer mehr Touristiker den sanften Tourismus ins Spiel.
Es sollte also ein nachhaltiges Hotel anvisiert werden. Ich hatte die Ehre letzten Sommer eines im französischen Elsass zu besuchen, welches auf der Booking.com Seit,e bezüglich der Nachhaltigkeit mit drei Sternen bewertet wurde. Das fängt bei einem unversiegelten Gästeparkplatz an, Aufzug gab es keinen, geht mit einer Photovoltaik-Anlage weiter und hört bei einem Frühstück auf, welches ausschließlich aus Demeter-Produkten bestand, aber nicht nur das: Zum Frühstück gabs (neben reichlich Obst, Brot und Joghurt) pro Gast eineinhalb Blätter Wurst und zwei Stückchen Käse, in der Größe von Manner-Schnitten. »Unsere Überzeugung bezüglich der Nachhaltigkeit muss auch in der Reduktion spürbar sein«, antwortete mir die Leitung freundlich, aber bestimmt. Ich stelle mir hier den durchschnittlichen europäischen Pauschaltouristen vor und habe sofort ziemlich krasse Bilder im Kopf. Beobachtete ich hingegen die anderen Hotelgäste, sie benehmen sich relativ natürlich, und im Grunde fand ich das Hotel auch richtig gut so.
Es wird wichtig sein, die Allgemeinheit nicht nur von nachhaltiger, biologischer Nahrung, Demeter, BIO oder sonst noch etwas, zu überzeugen, Levels gibt es ja genug, die Reduktion, vielleicht nicht so extrem wie erlebt, wird zukünftig eine elementare Rolle spielen. Sich mit Billigfood bis zum Umfallen vollfressen, wird es nicht spielen. Das ist nur der halbe Weg.
Text: Martin G. Wanko