Der Chefredakteur meint: Immer mehr Männer kochen. Und immer mehr Lokale in Graz sperren zu. Aber gibt es da einen kausalen Zusammenhang? Wolfgang Kühnelt hat sich auf die Suche nach Antworten gemacht.
Das war dann doch eine ziemliche Überraschung, als kürzlich das Team des „Blendend“ bekannt gab, nach dem Betriebsurlaub nicht mehr aufzusperren. Das Lokal hatte über 12 Jahre das Leben im Lend mit geprägt. Das Aus bedauerten viele Gäste. In Zahlen: Über 650 Reaktionen auf Facebook, fast 400 Kommentare, nicht zuletzt von Menschen, die noch gerne ihre Gutscheine eingelöst hätten.
Die nächsten, die ins Schleudern kamen, waren die drei Herren, die das „Laufke“ führen. Nach einem Insolvenzantrag machen sie freilich derzeit voller Zuversicht weiter. Abseits der Hipster-Szene hat es die Klöcherperle in der Heinrichstraße erwischt, die nur ein Jahr nach dem Neustart wieder geschlossen wurde. Selbst die Hauben-Gastronomie wurde gebeutelt, man denke nur an das „Carl“, das Schmidhofer im Palais oder „Dirk Jubke“, Wein&Co. Fragt man Wirte nach den Gründen, so hört man oft, dass man kaum gutes Personal finde und – Achtung, Überraschung – das gastronomische Angebot stark gestiegen sei. „Vor 15 Jahren gab es in der Straße vier Lokale, jetzt gibt es über zwanzig“, sagte etwa der frühere Chef der Klöcherperle, Stefan Lettner, zur Kleinen Zeitung. Neben das bisher dominierende Angebot von Pizza, Pasta, Kebap kommen immer mehr Asia-Restaurants, die wie etwa das „Ichi-go ichi-e“ in der Keesgasse gesundes Essen mit guter Qualität bieten.
Wie viele Lokale es in Graz gibt, ist nicht einfach zu beantworten. Klar ist: Es werden mehr. Das Web-Portal Tripadvisor hat allein 570 „Restaurants“ in der Wertung. An der Spitze der User-Bewertungen liegen mit „dreizehn by Gauster“, „Caylend“, dem vietnamesischen „Vina“ und dem „Ginko“ lauter Lokale, die abseits der klassischen steirischen Küche positioniert sind. Auffällig sind auch die vielen Essenszusteller, die neuerdings in den Straßen der Stadt unterwegs sind. Menschen, die dieses Angebot konsumieren, sind nicht nur solche, die das Kochen verlernt haben, sondern auch Singles, die es „satt haben“, sich ständig selbst versorgen zu müssen.
Kommen wir nun zur Ausgangsthese: Greifen wirklich immer mehr Männer in Graz zum Kochlöffel? Eine, die es wissen muss, ist Renate Wurzer. Ihr Geschäft „Zum Kochen“ beim Hasnerplatz ist eine der besten Adressen für Delikatessen, Gewürze, Kochbücher und Küchen-Instrumentarium. Nein, sagt Wurzer, es werden nicht unbedingt mehr Männer, das Verhältnis spricht mit circa 70:30 immer noch deutlich für die Damen. Aber, was auffällig ist, es sind vermehrt jüngere Männer, die ihr Geschäft ansteuern. Die männliche Käuferschicht kauft kaum Basis-Ausstattung, sondern sucht gezielt nach speziellen Pinzetten und exklusiven Kochbüchern. Männer erwerben auch deutlich mehr Sardinen, Pfeffer und scharfe Saucen, sagt die Küchen-Spezialistin. Und weil die Minorität der wirklich gut kochenden Männer eher unschuldig am Gasthaussterben sein dürfte, sagen wir zum Schluss: „Mahlzeit, Burschen!“
Illustrationen von Vecteezy.com