Peter Pakesch: Ein Leben im Zeichen der Kunst

Peter Pakesch prägte in den 1970er und 1980er-Jahren in Wien und Graz den künstlerischen Sektor mit, als die Kunst bunt und auffallend werden durfte, erlebte und durchlebte mit Franz West, Heimo Zobernig oder Herbert Brandl die Aufbruchstimmung, ging auf Tuchfühlung, stellte sie aus und fungierte schon damals als professioneller Vernetzter rund um die Welt. Sodann übernahm der Galerist die Kunsthalle Basel, kam zum 2003 Kulturhauptstadtjahr zurück und übernahm bis 2015 die künstlerische Leitung im Universalmuseum Joanneum, inklusive Kunsthaus. Seit 2015 ist Peter Pakesch Vorstandsvorsitzender in der Lassnig Stiftung und ist dann und wann in Graz zu sehen.

Peter Pakesch
Peter Pakesch Foto: © Josepha Pakesch
Peter Pakesch Maria Lassnig Stiftung
Führungen – Maria Lassnig Stiftung:
Fotos: © Lukas Schaller/Maria Lassnig Stiftung
Peter Pakesch Maria Lassnig Stiftung
Termine: Freitags, 14:00 & 16:00 Uhr

Im Rahmen von Führungen öffnet die Maria Lassnig Stiftung ab 2024 das ehemalige Depot und Atelier der Künstlerin. Die Räumlichkeiten wurden von ARTEC Architekten zu einem barrierefrei zugänglichen Ausstellungsraum umgestaltet, in dem dauerhaft eine Auswahl von Werken aus allen Schaffensphasen Maria Lassnigs präsentiert wird.

Herr Pakesch, was führt Sie immer wieder nach Graz zurück?

Mein Engagement im Aufsichtsrat des „steirischen herbst“ und natürlich auch, wenn’s etwas Interessantes in Graz zu sehen gibt, z. B. unlängst Jason Dodge im Grazer Kunstverein und Franz Kapfer im Künstlerhaus.

Sie sind seit rund 9 Jahren Vorstandsvorsitzender der Maria Lassnig Stiftung und haben mit Ihrem Team den Nachlass aufgearbeitet und ein Archiv aufgebaut. Änderte sich hier der Blickwinkel auf die Künstlerin?

Das Großartige an Lassnig ist, dass es einem mit ihr nie langweilig wird. Es gibt immer Neues zu entdecken. Das Werk ist extrem komplex und ist darin den ganz Großen ähnlich. Nicht umsonst hat sie sich als „Madame Picasso“ gesehen.

Man sagt immer, eine Biografie eines Künstlers ist auch ein Spiegel der Zeit, in der sie geschrieben wird. Inwiefern trifft das auf den Lassnig-Film „Mit einem Tiger schlafen“ zu?

Solche Filme sind zumeist sehr subjektiv. In diesem Fall ist es zum einen der Blick einer Filmregisseurin auf eine Malerin und eine viel ältere Frau; zum anderen wird der Film von einer hervorragenden Schauspielerin geprägt. Birgit Minichmayrs Annäherung an Lassnig ist sehr besonders.

Maria Lassnig hat etwas von einer „Unbeirrbaren“, wie ein roter Faden zieht sich diese Eigenschaft durch ihr Leben. Braucht es von einem Künstler immer eine griffige Geschichte, um im Gespräch zu bleiben?

Die Kunst stand bei Lassnig immer im Zentrum ihres Denkens und Tuns. Viele Zweifel im Kleinen haben sie nicht davon abgehalten, eine große Vision der Kunst zu entwickeln. An Geschichten zu ihrer Biografie und ihrem Schaffen hat sie selbst fleißig mitgestrickt.

„Sie wurde später enorm erfolgreich, aber die frühe Panik der Mutter blieb bei ihr“, schreibt die FAZ. Kann man das so sagen? Steht das nicht im Widerspruch zur Unbeirrbaren?

Dem Werk guter Künstlerinnen und Künstler ist Widerspruch immer inhärent. Die Beziehung zur Mutter ist bei ihr über die Jahre und auch über den Tod der Mutter hinaus von großer Bedeutung.

Wie schwierig ist es, einen Künstler nach seinem Tod an der Oberfläche zu halten?

Dieses Werk ist, wie bereits erwähnt, so komplex und reichhaltig, dass es uns noch lange beschäftigen wird.

Stehen Sie „nach“ Lassnig noch vor einer beruflichen Herausforderung, der Unruhestand treibt ja allerorts fröhliche Urständ.

Jetzt konzentriere ich mich auf meine Aufgaben in der Stiftung. Dort liegt erst einmal die Zukunft. Memoiren werde ich wohl keine zu schreiben brauchen, nachdem es dieses wundervolle Buch* von Peter Stephan Jungk gibt.

Sie hatten als Vernetzer in den frühen 1980er-Jahren als Wiener Galerist eine Vorreiterrolle und zeitgleich einen „Knäuel Künstler“ entwickelt (u. a. Franz West, Heimo Zobernig oder Herbert Brandl). Wie sehen Sie die damalige Zeit?

Das war eine großartige Zeit, eine der besten, die Wien in diesem Jahrhundert hatte, mit dem Anfang desselben zu vergleichen. Für eine Dekade hatte Wien in der Kunst Weltgeltung. Ich hatte das Privileg, in dieser Zeit mittendrin zu sein und mit den Besten zu arbeiten.

Wenn Sie die Kunst aus der Zeit Ihrer Galerie in der Ballgasse 6 und heute vergleichen, was hat sich verändert?

Damals war es auch möglich, als eine relativ kleine Galerie eine große internationale Rolle zu spielen. Heute haben sich die Strukturen so verändert, dass es wohl kaum möglich wäre, aus Österreich heraus so etwas zu entwickeln. Wie gesagt: die 80er-Jahre waren diesbezüglich eine besonders glückliche Dekade.

Sie haben sich immer gegen Kunst-Events als „Gegengeschäft“ für die Quote gewehrt. Mittlerweile gehen wir in Events unter, oder?

Viele Dinge ändern sich, vieles bleibt dann aber auch erstaunlich gleich. Zurzeit ist die Kunst sehr populär. Das wird auch wieder einmal anders sein. Ich konnte seit den 1970er-Jahren so viele unterschiedliche Zugänge erleben. Damals war Kunst ein extremes Minderheitenprogramm. Dicht an der Sache zu bleiben, ist wichtig, sich von Oberflächlichem nicht ablenken zu lassen.

Sie waren im „Forum“ und im „herbst“ aktiv… 2003 Gründungsdirektor des Kunsthaus Graz und übernahmen später die Leitung des Universalmuseum Joanneum, erlebten die 2003-Euphorie und Sparpakete. Sie kennen Graz also sehr gut – wie erlebt man zurzeit Graz in Wien?

In Wien blickt man – unglücklicherweise – nicht so sehr auf die Bundesländer. Die Stadt ist mit sich selbst sehr beschäftigt und hat enorm viel zu bieten. Das war früher anders, was allerdings mit dem geringen Angebot in Wien bis in die 1980er zu tun hatte. Dann hat es sich gedreht. Graz sollte sich eher fragen, wie es in Europa steht. Und da könnte es viel mehr Kante zeigen.


Herr Pakesch, 40plus bedankt sich für das Gespräch.

Interview: Martin G. Wanko

*Peter Stephan Jungk: Warum ich beschloss, Peter Pakesch zu mögen. Salzburg: Müry Salzmann Verlag, 2021.

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