Vom Naturell her hat Gesundheits- Pflege- und Sportlandesrat Karlheinz Kornhäusl jetzt nicht viel Freude mit einem allzu rigiden Regelwerk. Viel wichtiger ist es, ein Bewusstsein in der Gesellschaft für ein besseres Leben zu schaffen. 40plus im Gespräch mit dem Landesrat über Gesundheit und einer Gesellschaft im Wandel.
Wie definieren Sie Gesundheit in 25 Worten?
Das Nichtvorhandensein von physischen und psychischen Gebrechen sowie das allgemeine diesbezügliche Wohlbefinden, dazu noch sozial eingebettet in ein gutes Umfeld.
Worin unterscheiden Sie sich von Ihren Vorgängerinnen und Vorgängern?
Es ist der Lebenslauf an sich. Heute vor 15 Jahren habe ich meine feierliche Promotion gehabt. Ich bin Allgemeinmediziner, Facharzt für Innere Medizin, Notarzt und war 15 Jahre in diesem System tätig. Das erlaubt mir einen anderen Blickwinkel auf viele Dinge, aber Arzt sein alleine macht es nicht aus. Ich bin seit der Schülervertretung politisch engagiert. Hochschülerschaft, Ärztekammer, im Bundesrat Gesundheitssprecher der ÖVP. Dieser Mix macht einen gewissen Unterschied aus.
Seit Generationen spricht jeder Bundesminister für Gesundheit beim Jobantritt von einem der „besten Gesundheitssysteme“ der Welt. Hält das noch?
Wir haben ein sehr gutes Gesundheitssystem und der Vergleich macht uns sicher. Ich durfte privat und beruflich die Systeme auch in fernen Ländern kennenlernen. Da ist man dann dankbar, wenn man das österreichische Gesundheitssystem genießen darf. Natürlich haben wir auch Probleme und benennen sie auch so. Baustellen sind im Grunde nichts Schlechtes, weil etwas Neues entsteht.
In Ihren Antrittsinterviews versprachen Sie kürzere Wartezeit auf OPs und geringerer Bürokratie in Spitälern. Ist hier schon etwas weitergegangen?
Wir hatten vor kurzem das Kick-off, uns ist es gelungen 35 Expertinnen und Experten an einem Tisch zu holen – von der Universitätsklinik, aus diversen Direktorien, der KAGes, Österreichische Gesundheitskasse, Ärztekammer, Patientenombudschaft – weil wir natürlich wissen, dass wir bei manchen Wartezeiten Luft nach oben haben.
Wo hängt es aktuell?
In fünf Bereichen: Der Graue Star, der Hüft- und Kniegelenksersatz, der Darm- und Prostatakrebs sowie der große Bereich der Strahlentherapie. Hier haben wir Aufholbedarf, deshalb habe ich alle an einen Tisch geholt. Wir werden bis Juni in Arbeitsgruppen schauen, wie wir die Wartezeit abbauen und Synergien nutzen können. Hier müssen Grenzen, die in den Köpfen entstanden sind, übersprungen werden.
Apotheker bieten sich an, medizinische Dienste am Menschen zu übernehmen. Warum wird hier (seitens der Kammer) gebremst, wenn die Ordinationen am Limit sind?
Wir müssen in der Gesundheitspolitik Eiserne Vorhänge durchschneiden, ich orte aber ein gegenseitiges Verständnis, hier bewegt sich etwas, es ist eine Generationenfrage. Wir müssen hier auf Augenhöhe unemotional über Dinge reden. Wer kann was anbieten und wo macht was Sinn.
COVID-19 hat unser System arg strapaziert. Was haben wir daraus gelernt?
Wenn man im Rückspiegel die Probleme betrachtet, ist man immer gescheiter. Trotzdem müssen wir schauen, wie die Dinge gelaufen sind und Verbesserungsmaßnahmen einleiten, damit wir aufgestellt sind, wenn es wieder zu so einer ähnlichen Situation käme.
Die Impfraten werden gerade wieder verschwindend gering. Alarmiert Sie das als Mediziner?
Ja, durchaus. Was mich nachdenklich stimmt, ist, dass es in Österreich eine gewisse Wissenschaftsskepsis bis hin zu einer Feindlichkeit gibt. Ich bin Arzt und Naturwissenschaftler. Ich vertraue Zahlen und Fakten fundierter Studien. Dazu haben wir kategorische Impfgegner und Skeptiker. Die Impfgegner lehnen per se die Impfung ab. Die Skeptiker machen sich gründliche Gedanken, denen kann man gut begegnen, wenn man fundiert argumentieren kann.
Aber die Zeit ist nicht stehengeblieben, manchmal drohten sich diverse Kommunikationskanäle zu verselbstständigen.
Eine der Lösungen für die daraus entstandenen Probleme ist, dass wir wieder einen gewissen Kohärenzsinn für ein Zusammengehörigkeitsgefühl schaffen müssen. Wir müssen Vertrauen wecken, authentisch und präsent sein.
Zur Vorsorge: Groß angelegte Vorsorge-Untersuchungen in regelmäßigen Abständen wären eine unheimliche Hilfe für die Vorsorge. Sollten diese Untersuchungen eine Bürgerpflicht sein? (Wie beim Mutter-Kind-Pass).
Eines der größten Geschenke, die uns das Leben mitgibt, ist der freie Wille. Ich kann niemandem vorschreiben, was er zu tun hat, ich kann nur empfehlen, aus ärztlicher Sicht auf Geist und Körper zu achten, da gehört die Vorsorgeuntersuchung dazu. Hält man sich hier an die Empfehlungen von Experten, hat man gute Chancen, ein entsprechendes Alter zu erreichen.
Kommen wir zu etwas Positivem: Gehe ich ins Fitnessstudio, scheint mir, dass der Trend zur Bewegung und körperlicher Ertüchtigung in den letzten Jahren stark zugenommen hat, oder?
Es ist ein gewisser Trend mehr auf sich zu achten! Kaum noch Raucher, regelmäßig wird gesportelt. Es gibt jetzt einen gewissen Lifestyle zur körperlichen Bewusstseinsbildung. Das sieht man auch an den Apps am Handy, oder bei der „Bewegungsrevolution“ vom Land Steiermark, eine tolle Initiative, wo es nicht darum geht, Spitzensport zu betreiben, sondern Bewegung in den Alltag zu integrieren.
Oft sind es nur Kleinigkeiten: Wie können wir die Bewegungsliebe der Menschen steigern?
Wir müssen niedrigschwellige Angebote schaffen, um darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung sind.
Wie bringen wir die gesunde Ernährung in die Familien – jedes dritte Kind ist übergewichtig.
2.600 Sportvereine in der Steiermark, mit 11 Millionen Ehrenamtsstunden, das sind unbezahlbare Ressourcen. Wir müssen auch hier mit niederschwelligen Angeboten kommen.
Sie waren bis vor kurzem im GAK 1902-Vorstand und sind leidenschaftlicher Fan. Wo wird der GAK 1902 am Ende der Saison stehen?
Ich wünsche mir als Sportlandesrat den GAK 1902 und den SK Sturm Graz als steirische Fußballmeister.
Interview: Martin G. Wanko
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