Der Handel ist ein Spiegel der Zeit. Technische Errungenschaften sollen sinnvoll eingesetzt werden, Trends, wie der Flexitarier, machen auch den Handel flexibel. Ein Gespräch mit Christoph Holzer, Spar-Geschäftsführer für die Steiermark und das Südburgenland, gibt Aufschluss.
Herr Magister, Spar-Steiermark baut die Steiermark-Zentrale um 45 Millionen aus. Läuft alles nach Plan?
Wir liegen sehr gut im Zeitplan. Aktuell wird gerade das automatische Hochregallager installiert und wir planen spätestens Mitte 2024 in Vollbetrieb zu gehen. Zusätzlich haben wir für heuer auch einige Projekte geplant. Und das heurige Jahr ist für uns sehr besonders, da wir 70 Jahre Spar-Österreich feiern!
Die leidige Frage zu Beginn: Galoppieren uns die Preise davon?
Nein, wir bemerken eine Entspannung bei den Preisen. Der Lebensmittelhandel hat ja dazu beigetragen, dass die Inflation sogar zurückgeht.
2024 wurde im Handel deutlich weniger für Weihnachtsgeschenke ausgegeben. Ist das auch im Lebensmittelbereich spürbar?
Das können wir für den Lebensmitteleinzelhandel nicht bestätigen. Wir sind mit dem heurigen Weihnachtsgeschäft durchaus zufrieden. Man muss hier aber festhalten, dass gerade um die Weihnachtsfeiertage sich die Kund:innen oft Dinge zum besonderen Genuss „gönnen“.
Scheinbar geht die Nachfrage an Bio-Hendln zurück. Das Regal wurde deutlich kleiner. Kann das sein?
Nein. Die Nachfrage nach Bio-Hendln ist ungebrochen hoch.
Hält der Trend zur Regionalität an? (Eine Umfrage in Deutschland meint, der Trend sei ausgereizt.)
Man kann im Lebensmittelhandel Deutschland nicht mit Österreich vergleichen. Die Deutschen haben ein anderes Einkaufsverhalten. Regionalität ist in Österreich sehr wichtig, nach wie vor. Bei uns hat ja jedes Bundesland auch eine eigene kulinarische Tradition. Das spiegelt sich im Sortiment wider: In der Steiermark haben wir über 4.000 steirische Produkte von über 333 steirischen Produzent:innen.
In welchem Preissegment wird vom Kunden am ehesten gespart?
Im Lebensmittelhandel gibt es kein einzelnes Segment, in dem gespart wird. Es ist eher so, dass wir bemerken, dass generell gespart wird. Das bemerken wir daran, dass besonders unsere „S-Budget-Produkte“ extrem stark nachgefragt werden.
Veränderung von Konsumgewohnheiten aufgrund von Preissteigerungen?
Die Entwicklung der Spar-Marken spiegelt wider, dass die Konsument:innen ihr Kaufverhalten aufgrund der Inflation verändert haben: Die stärkste Nachfrage und den höchsten Umsatzzuwachs erzielten die gut 850 supergünstigen Produkte von S-Budget.
Welche Erkenntnis erhofft man sich aus der Online-App?
Wir ziehen keine Erkenntnisse aus der Spar-App, weil wir auch bewusst keine Kundendaten abfragen. Unsere App ist sehr datensparsam. Zur Verwendung ist die Zustimmung zu den Nutzungsbedingungen erforderlich. Insgesamt gilt, dass auf die Angabe von persönlichen Daten, wie Name, Adresse oder gar Geburtsdatum verzichtet wird.Unsere Spar-App bietet unseren Kund:innen einen noch einfacheren, schnelleren und sparsameren Weg, Ihren täglichen Einkauf durchzuführen. Alle Angebote sind bequem in der App ersichtlich. An der Kassa werden ohne Zutun des Kunden alle aktuellen Gutscheine und 25%-Joker ohne Kleben berücksichtigt. Der digitale Kassenbon, welchen man in der App aktivieren kann, bringt weiters den Vorteil, dass dies der Umwelt hilft, da deutlich weniger Kassabon-Papier gedruckt werden muss. Und man hat alle seine Kassabons einfach in der App abgelegt.
Online-Rabatte per App – haben das gedruckte Handelsblatt und die teuren Inserate bald Feierabend?
Wir setzen weiterhin auf das Spar-Flugblatt. Es zeigt sich aber, dass gerade in Ballungszentren die Anzahl an Werbeverzichter:innen steigt. Die App ist hier eine gute Möglichkeit, dass sich unsere Kund:innen über die App aktiv über Angebote bei Spar tagesaktuell informieren können. Daher ergänzen sich Print und App sehr gut.
Letztens hatte ich noch „Glück“ einen nicht-veganen Toastkäse zu bekommen. Auffallend ist, dass immer mehr Milch- bzw. Fleischersatzprodukte den Markt erobern.
Es gibt nach wie vor einen Trend zu vegetarischer bzw. eher zu flexitarischer Ernährung. Seit Jahren setzen wir auf eine innovative Auswahl an vegetarischen und veganen Alternativen. Wir wollen die Trends von morgen bereits heute im Regal haben.
Der Fleischkonsum ist seit 2022 auch in Österreich rückläufig. In welchem Segment spürt man das?
Wir bemerken keinen Rückgang, aber eine Stagnation beim Frischfleisch und bei Wurst. Interessant dabei ist aber auch, dass immer öfter zu besonderen Fleischspezialitäten gegriffen wird. Feine Steaks, zum Beispiel. Wenn Fleisch, dann etwas Besonderes, könnte man sagen.
Futuristisch wirken die Pick-&-Go-Filialen (Amazon Go), in denen mittels App die Einkäufe abgewickelt werden können. Wirtschaftswissenschaftler:innen sprechen hier von einem „Überwachungskapitalismus“. Zurecht?
Da muss man sich wenig Sorgen machen. Denn erstens sind diese Geschäfte derzeit einmal nur Tests. Und zweitens geben wir doch alle mit unserem Online-Verhalten so viele Konsumgewohnheiten von uns preis, dass das Lebensmittel-Einkaufen da nicht mehr relevant wäre. Wenn man das nicht will, muss man stationär einkaufen. Aber generell.
Ab wann sind in Österreich die Kassen grundsätzlich unbemannt?
Wir setzen „Self-Checkout“-Kassen nur an einigen wenigen ausgewählten Standorten ein (wo es frequenztechnisch Sinn macht und auch der Durchschnittseinkauf geringer ist), da man einfach deutlich mehr Self-Checkout-Kassen auf einer kleinen Fläche installieren kann, als reguläre Kassen mit langem Kassenband. Wir bieten unseren Kund:innen aber auch immer eine reguläre Kassa mit einem Mitarbeitenden an.
Ab wann kann man mit vollautomatisierten Shops rechnen?
Für uns steht nach wie vor der persönliche Service für unsere Kund:innen im Vordergrund. Das zeigen wir auch mit unseren flächendeckenden Feinkostbedienungsabteilungen, wo wir Frischfleisch, Wurst, Käse, Brot und Gebäck sowie teilweise auch Frischfisch bedienen. Wir setzen Automatisierung und KI aktuell dort ein, wo es sinnvoll ist und unsere Mitarbeiter:innen in der täglichen Arbeit unterstützt. Ein großes Thema ist unser optimiertes Bestellwesen dank Künstlicher Intelligenz. Mittels Künstlicher Intelligenz analysiert eine neue IT-Lösung Daten über Verkaufsmengen, Wetterbedingungen, Sonderangebote, Marketingaktionen, Saisonalität und andere Faktoren und erstellt somit eine präzise Vorhersage der optimalen Menge pro Filiale. So kann Ware in Zukunft noch zielgenauer bestellt und die Lieferkette entsprechend effizient gestaltet werden. Dies hilft auch aktiv dabei, Lebensmittelverderbe zu reduzieren.
Wie bekommt man noch motiviertes Personal?
Indem wir unseren Mitarbeitenden sehr viele Möglichkeiten bieten. Sei es mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, welche die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gut ermöglichen (wir sind auch mit dem Gütesiegel „berufundfamilie“ ausgezeichnet), mit vielen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, welche auch Quereinsteiger:innen einen Einstieg bei Spar erleichtern. Auch unseren Lehrlingen bieten wir tolle Zusatzleistungen, wie Prämien in Höhe von € 6.700 während der Lehrzeit, ein Gehalt, das über dem gesetzlichen Lehrlingseinkommen liegt. Und natürlich tolle Aufstiegs- und Karrierechancen.
Interview: Martin G. Wanko
Headerbild: © Werner Krug