Der Fang aus Fluss und See ist gesund und schmeckt. Beides ist wahr, wenn man darauf schaut, woher er kommt. 40plus-Autor Wolfgang Kühnelt hat sich daher auf die Suche nach dem besten Fisch im Süden gemacht.
Gerade einmal 7% des Bedarfs in Österreich wird durch Fische gedeckt, die aus dem eigenen Land stammen. Das erklärt, warum man mitten in der herrlichsten Provinz keinen Saibling aus dem Nachbarort auf der Karte findet, dafür aber einen Branzino, der hunderte Kilometer Anreise hinter sich hat. Glauben Sie mir: Der Branzino schmeckt super. Mit Mangold und Kartoffeln. In Istrien. Aber nicht in Lunz am See. Wenn wir schon hier sind: Bevor wir in den Süden Österreichs aufbrechen, bestellen wir in Lunz in der Schlosstaverne einen frischen Saibling aus dem See. Oder wir folgen einem Tipp aus der Umgebung und fahren ein paar Ortschaften weiter nach Göstling in die Zirbenstube. Dort gibt es ein Ybbstaler Forellenfilet mit Erdäpfel-Gemüsegröstl. Zum Niederknien. Aber pardon, jetzt geht es wirklich „runter“, nach Kärnten. Und zwar zu den Brüdern Sicher nach Tainach.
Das wird sicher gut
Nicht weit vom Klopeinersee entfernt liegt eine alte Mühle, die irgendwann zu einem Sägewerk samt Obstpresse wurde. Vor knapp 50 Jahren kam Alfons Sicher auf eine sehr gute Idee: Er machte daraus ein Gasthaus. Die Stube ist Charme pur. Der Garten lauschig. Der Bach plätschert friedlich. Die Buben vom Alfons, der Michael und der Wolfgang, haben aus all dem eines der allerbesten Fischrestaurants Österreichs gemacht und halten derzeit bei vier Hauben von Gault&Millau. Ihr Saiblingskaviar ist Legende. Sie sind allerdings auch ein bisschen eigenwillig, zum Beispiel darf man die Rechnung nur bar bezahlen. Aber: Der Michael kocht wie ein Küchengott, das muss man einfach so sagen. Wir starten als Gruß aus der Küche mit Buchweizenblinis, darauf Fischcreme und Marille. Klingt gut, schmeckt hervorragend. Hernach gibt es einen spannenden Flusskrebscapuccino und Forelle mit geschmeidigen Rahmgurken als Vorspeise. Und spätestens der Hauptgang, Saibling mit Rollgerstenrisotto, ist ein Traum von heimischem Fisch. Und das „heimisch“ ist hier wortwörtlich zu verstehen: Die Fische, die Flusskrebse, aber auch Wachteln und Hühner wachsen im eigenen Betrieb auf. Wir sind satt und zufrieden, zahlen bar und fahren weiter. In die schöne Steiermark.
Vitello Forello
Hier gibt es zwar zahlreiche Fischzüchter, aber gar nicht sooo viele gute Fischlokale. Eines davon ist der Rauch-Hof in Marhof bei Stainz. Hat immerhin auch zwei Häubchen, folgt seit Jahren der Slow-Food-Philosophie. Ein wunderschönes Gasthaus und etwas bodenständiger als der Sicher. Das beginnt schon beim Amuse-Gueule: Hauseigene Kartoffeln mit Sauerrahmsauce. Klingt nach nichts Besonderem, aber Irrtum: Die Erdäpfeln sind super. Noch superer und überhaupt ein neues Lieblingsgericht: Vitello Forello. Ein traumhaft zartes Fischerl, schön dünn geschnitten, mit einer Hammersauce und einem hausgemachten Senf (wir haben nachgefragt!). Auch sehr erfreulich: Der Fisch kommt aus einem der fünf eigenen Teiche. Und das schmeckt man. Die geräucherte respektive die gebratene Forelle zum Hauptgang – man kann sich gar nicht entscheiden, was da besser ist. Regionaler geht es kaum: Neben dem Fisch kommt auch das Kernöl, das Gemüse, der Spargel, das Obst aus dem eigenen Betrieb. Dazu gesellt sich eine sehr feine Tischkultur, ein fröhlich-freundliches Service, immer wieder Kulturveranstaltungen – und wenn man will, kann man bei Karin und Willi Rauch auch mit Karte zahlen. Gesund essen, sich verwöhnen lassen und dabei Ressourcen sparen. Wenn nur alle Probleme im Leben so elegant zu lösen wären.
Text und Bilder: Wolfgang Kühnelt