Dry Aged oder Nicht-Dry Aged, das ist die Frage.

Der Flexitarier macht eine Lücke auf: Der Steak-Liebhaber fühlt sich wieder verstanden, der Gourmet atmet durch: das Filetstück von Schwein und Rind ist wieder zurück. Auch das Veggie-Steak ist längst mehr als ein Trend.

Andreas Hofer
Foto : © Werner Krug
Andreas Hofer, Leiter der zu Spar gehörenden Fleisch- und Wursterzeugers TANN

Wo fängt man beim Steak am besten an?

Am besten, man beginnt bei der Aufzucht des Tieres, weiß Andreas Hofer, Leiter des zu Spar gehörenden Fleisch und Wursterzeugers TANN, zu berichten. „Wie wird gefüttert, welche Rassen, welches Alter, bis hin zur Gattung, ob Ochse, Kalbin oder Stier. Das Murbodnerrind zum Beispiel besticht in allen Belangen und eignet sich besonders für ein hochwertiges Steak.“

Bio-Fleisch-Experte und Metzger Peter Feiertag hat ein strenges wie sinnvolles Konzept entwickelt. „Wir sind Verfechter von Regionalem und werden von unseren Bauern gut bedient. Es muss deklariert sein, wie das Tier gefüttert und geschlachtet wird. Den Transport zum Schlachthaus machen bei uns die Bauern mit.“

„Wichtig ist wie die Tiere gehalten werden, hier ist für uns nur Freilandhaltung akzeptabel, dazu Biofutter, also zum Beispiel kein Soja“, so Toni Krispel, vom Genussgut Krispel im Vulkanland, wesentlich daran beteiligt, dass das Wollschwein zurück in die Steiermark kam.

Simon Cebul, aus Globasnitz in Kärnten, immerhin im Falstaff 2023 als Kärntner Metzger des Jahres gewählt, geht auf Nummer sicher: „Wir beziehen unser Rindfleisch beim Biobauern, der Stall und Freilandhaltung hat.“

Patrick Bayer vom Weber Original Store Wien Süd, stolzer Grillweltmeister und Fleischsommelier, hält neben der Herkunft auch die Teile für wesentlich: „Es muss nicht immer das Filet sein. Der Second Cut, zum Beispiel das Hüftsteak, ist über die Hälfte günstiger und viel interessanter im Geschmack.“

Gelingt das Steak am Herd?

Rein wissenschaftlich gesehen ist das Anbraten eines Steaks eine brutale Angelegenheit. Die Kontakttemperatur zwischen Fleisch und Pfanne beträgt 120–200 °C. Am Grill sind es beim „scharf Anbraten“ bis zu 300 Grad. Hier gerinnen auf der Fleischoberfläche die Proteine schlagartig. Der Mediziner würde hier von einer schweren Verbrennung 3. Grades sprechen, der Gastronom von einer wunderbaren Kruste und es stellt sich der sinnvolle Nebeneffekt ein, dass die Kruste absolut dicht macht und so das Stück Fleisch saftig bleibt. Dazu ist Grillen eine Welt für sich, aber gelingt ein veritables Steak auch am E-Herd?

„Funktioniert, habe ich auch schon gemacht! 2-3 Minuten je Seite, danach 10-15 Minuten in den Backofen. 120 Grad, hängt von der Steakdicke ab. Der gute Fleischhauer berät hier gerne!“, verrät Simon Cebul, der im übrigen mit Salz und Pfeffer erst nach dem Braten würzt. Alles geht, wenn man will! Zuvor gilt es laut Andreas Hofer jedoch einiges zu beachten: „Würze das Steak großzügig mit Salz ca. 10-30 min. vorher; dazu keine Gewürze, die anbrennen können. Lass das Steak vor dem Braten auf Raumtemperatur kommen, dadurch wird es gleichmäßiger gegart.“ Nicht vergessen, eine schwere Pfanne und hitzebeständige Öle sind wesentlich. Aber auch hier ist es eine Sache der Philosophie, der eine salzt vorher, der andere danach, hier muss jeder seine eigene Philosophie finden.

Weber Elektrogrill
Weber Lumin Compact Elektrogrill
Foto: © Weber.com

Für Patrick Bayer fehlt etwas ganz Bestimmtes: „Am E-Herd fehlen mir hier die Grillaromen, die erst entstehen, wenn ich mit 250-300 Grad anbrate. Auch das Rasten ist in der indirekten Zone am Grill besser.“

Sepp Mosshammer, der Metzger und Grillprofi aus der Grazer Zinzendorfgasse, bringt es auf den Punkt: „Zuerst beidseitig schnell anbraten aber das tatsächliche Geheimnis liegt in der Kerntemperatur bzw. der Garstufe, die man je nach Geschmack wählt.“ Die Profis sind sich alle einig, dass man das Fleisch langsam an die Garstufe heranführen soll, also eben nicht überhasten, sondern Zeit lassen. Dass Steak braten eine Speedshow ist, ist ein vom schlechten Film genährter Irrglaube.

Schwein oder Rind?

Das Schwein hat in den letzten Jahren einiges aufgeholt: Artgerechte Haltung und alte Rassen machen es zu einer echten Alternative. „Die Geschmäcker sind verschieden, ob ein herzhaftes Murbodner Rinder-Steak oder ein Tomahawksteak vom Duroc Schwein, beides spielt in der obersten kulinarischen Liga“, meint Andreas Hofer.

Für Sepp Mosshammer sind es gänzlich zwei verschiedene Welten, die die Steiermark präsentieren. „Im Süden haben wir eher Schweine, im Ennstal die Rinder. Schweinefleisch ist, außer in Spezialfällen, günstiger und das schnelle Essen.“

Für Toni Krispel ist es „eine reine Geschmackssache, ob Rind oder Schwein. Wichtiger ist, wie die Tiere gehalten werden. Das erkennt man auch am Geschmack!“

Der Trend des Jahres

Schlussendlich werden bereits im Frühjahr die Griller auf Vordermann gebracht und am Griller wird sich alles um die Frage drehen: Dry oder Nicht Dry Aged Steaks. Glaubt man den Spezialisten, wird das Fleisch auf alle Fälle rasten müssen: „Das Fleisch muss auf alle Fälle gereift sein, da zum Beispiel ein frisches Rindfleisch immer zäh sein wird“, meint Peter Feiertag, „ab drei Wochen Rast ist ein Fleisch Dry Aged. Hier verliert es 15 % Wasser und wird zart. Länger ist nicht nötig.“

Toni Krispel ging am Genussgut Krispel gleich in medias res: „Nach einigen Testläufen komme ich zum Schluss, maximal drei Wochen, im Idealfall zweieinhalb, dann ist das Aroma am Besten, sonst wird es zu trocken – im Geschäft soll der Konsument auf die Farbe schauen, das Fleisch soll nicht zu dunkel und nicht zu rot sein. Die Marmorierung muss stimmen.“ Wem dies nicht genügt, beim Fingerabdruck muss beim Fleisch der Abdruck sichtbar bleiben und nicht federn.

Mooshammer
Vater und Sohn Mooshammer hinter der Fleischbudel.
Foto: © Martin G. Wanko

Über den Geschmack eines Dry Aged Steaks lässt Andreas Hofer nichts kommen: „Das fast nussige Aroma ist für Steakliebhaber die Königsklasse.“ In der TANN in Graz geht man hier fast wissenschaftlich vor: „Die enzymatische Tätigkeit im Muskel beim Dry Aging macht das Fleisch so zart und geschmackvoll. Wir haben hier ein „Steak-Kompetenzzentrum“, wo die besten Stücke durch Meisterhand selektiert werden und so eine möglichst große Auswahlmöglichkeit gegeben ist.“

Viel erlebt hat hier Sepp Mosshammer. „21 bis 28 Tage haben sich bei der Fleischreifung bewährt. Alles was darüber hinausgeht, muß man sich bewusst sein: ‚Fleischreifung ist, überspitzt gesagt, kontrollierte Verwesung und irgendwann ist das Fleisch ungenießbar bzw. kaputt.‘ Das Zitat aus unserer Metzgerei dazu ist: ‚Haben Sie kein frisches, gereiftes Fleisch?‘ Bei T-Bone, Rib Eye, Beiried, Porterhouse haben die Leute gerne gereifte Dry Aged Ware. Beim Filet will man den grauen oder dunklen Trockenrand nicht. Da dann doch lieber frisch von der Optik und gereift und das ist nun Wet Aged, im Vakuum gereift.“

Wer Freude am Grillen hat, sollte wissen, dass man laut Patrick Bayer auch selbst Hand anlegen kann: „Für mich ist wichtig, dass das hochwertige Fleisch gereift ist. Dry Aged Steaks müssen 28 Tage am Knochen reifen, dann wird es zerlegt und verpackt. Alternativ kann man selbst Wet Aging betreiben: Frisches Fleisch vakuumieren und 28 Tage im Kühlschrank im Gemüsefach in Alufolie lichtgeschützt lagern.“

Patrick Bayer
Grillweltmeister Patrick Bayer, Weber Original Store Wien Süd. Foto: © Weber.com

Aber es muss nicht immer Fleisch sein, denn letztens wurde Sepp Mosshammer mit einem veganen Steak konfrontiert: „Es war ein Prototyp auf Basis von Erbsen und Soja. Textur und Haptik perfekt, Fasrigkeit auch vorhanden. Auch geschmacklich mit Kruste sehr gut. Bei einer Parallelverkostung zwischen einem Filetsteak und diesem veganen Steak, würde es viele Genussmenschen geben, die den Unterschied nicht merken.“

Best of Saucen

Fleischerei Mosshammer:
Portweinbutter
250g Butter
2 Stk.rote Zwiebel
1/4lt. Portwein
20g Zucker
Salz, Pfeffer

Die rote Zwiebel schälen und in kleine Würfel schneiden und mit dem Zucker in einem Topf karamellisieren lassen. Dann das Ganze mit dem Portwein ablöschen und langsam einkochen lassen, bis es sämig ist. Abkühlen lassen. Die Butter mit einem Handmixer aufschlagen und dann Portwein langsam einrühren. Mit Salz, Pfeffer nach Belieben abschmecken. Mit Dressiersack aufspritzen oder eine Stange formen, durchkühlen – in Scheiben schneiden – einfrieren und nach Bedarf verwenden. Klassisch harmoniert zum Steak sehr gut handgemachte gesalzene Kräuterbutter mit leichter Thymiannote und aufgeschlagener Butter. Als Sauce ein Kräuterdip mit Creme fresh, Sauerrahm und etwas frischem Knoblauch.

Tipps zum Würzen (Grillweltmeister Patrick Bayer, Weber Original Store Wien Süd):
15 Minuten vor dem Grillen salzen, erst in der Rastphase nach dem Grillen mit Kräuter, Öle oder Pesto verfeinern. So kann nichts anbrennen. Ein großartiges Stück Fleisch braucht nichts anderes als Salz oder bei Lust eine Joghurtsauce mit Knoblauch und Schnittlauch.

Text: Martin G. Wanko

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