Dinstl malt Bilder wie kein anderer. Er hat sein eigenes Ding entwickelt und das ist gut so.
»Meine Bilder wirken sehr farbenfroh, können von außen als abstrakte Malerei mit bunten, grellen Farben gesehen werden, im Detail sind alle Aspekte meiner momentanen Situation enthalten. Ich wurde Papa, baue ein Haus, oder der Krieg in der Ukraine: Aber nicht plakativ, sondern subtil im Hintergrund. Ich grundiere, male ein Szenario und dann bleiben Teile und Fragmente über. Es baut sich alles in Schichten auf, ist eine Themenwelt, eine Exkursion in meine Seele.«
Dinstl ist jetzt keiner, der im stillen Kämmerlein zum Künstler heranwuchs, er war in seiner Jugend und als junger Erwachsener eher ein Chamäleon auf Turbospeed: Als Ska-Punk mit seiner Band Antimaniax, mit Londoner Plattenvertrag, findet man ihn noch auf Youtube. Noch heute linst aus seiner Zeit mit dem arbeitsorientierten Künstlerkollektiv »Das Voyeur« der »Yoga John«, eine der Grazer Streetart-Ikonen, von der Hauswand auf den Bauernmarkt am Lendplatz runter. Und dann wieder ein Cut und es folgte der Besuch der Meisterklasse für Malerei auf der Ortweinschule in Graz und danach endlich einmal durchatmen.
Und plötzlich, heute, steht man im 1. Bezirk in der Bürgergasse vor dem Auslagefenster der »Galerie Grill« und sieht so echte Dinstl-Bilder hinter Glas, ohne dass sie eingesperrt wirken. Schon schrill, aber sie sind harmonisch durchkomponiert. Drängt sich die Frage auf, was mit dem Kerl in den letzten Jahren so passiert ist? »Ich habe mich entwickelt. Meine Kunst hat sich entwickelt. Und wie meine Kunst transportiert wird, hat sich entwickelt.« Anders gesagt: Was Dinstl früher mit punkigen Beats durch den Verstärker knallte, findet sich heute verschachtelt in seinen Bildern wieder. Die Gesellschaftskritik ist nach wie vor vorhanden, nur tritt sie jetzt subtiler auf. Um diesen Parcours zu schaffen, gibt es im Idealfall ein Gegenüber: Bei Dinstl ist es sein Galerist Roberto Grill.
Der Prozess zwischen Künstler und Galeristen ist hier essentiell. Früher wimmelte es um Dinstl herum von Menschen, als wäre man in einem Ableger Warhols legendärer Factory gelandet, da wurden Ideen in Absprache schnell und mit viel Spaß umgesetzt. Heute ist Dinstl sich selbst in seinem Atelier in den ehemaligen Taggerwerken an der Peripherie ausgesetzt, alleine. »Nun ist es die Kunst, den Punkt zu finden, wenn ein Bild fertig ist. Da ist es gut, wenn man ein Gegenüber hat, dem man vertraut.« Die Chemie stimmt. Nach eineinhalb Jahren Arbeit war der Höhepunkt eine viel beachtete Ausstellung: »Die Autonomie des Bildes«, war bis vor Kurzem noch in Grills Galerie in der Bürgergasse zu sehen. Dazu Roberto Grill: »Ich versuche, das, was hinter den Bildern steckt, potentiellen Kunden zu erklären und zu vermitteln. Erst dann nehmen sie das Bild im gesamten Spektrum wahr.«
Aber bei aller Ernsthaftigkeit, auch Spaß muss sein, sonst wäre der Dinstl ja nicht der Dinstl. Mit Uwe Gallaun verbindet ihn eine echte Künstlerfreundschaft. In der Galerie »Roter Keil«, nahe der Postgarage, waren in der winterlichen, grauen Hochhauswelt, in einem ehemaligen Geschäftslokal, farbenfrohe, großformatige Bilder zu bestaunen. Dinstl und Gallaun malten stundenlang zeitgleich auf eine Leinwand, bis ein Bild fertig war. Lief unter dem Motto »Ohne Weinen«, keiner durfte verärgert sein, wenn er vom anderen übermalt wurde. Anstatt geweint, wurde gelacht und in die Nachtschichten hineingearbeitet. »Es ist stimmig und wir haben genau das umgesetzt, was wir umsetzen wollten«, so Dinstl.
Als Auftrag, kurz vor Weihnachten, bekam Dinstl die Möglichkeit, für ausgewählte Kunden der Madison Werbeagentur ein Kunstwerk zu entwerfen. Der Agenturchef, Gerhard Kroell, kam in Dinstls Atelier mit der Bitte vorbei, 30 Magnum-Weinkisten vom Genussgut Krispel mit einem Gesamt-Dinstl zu bemalen. Es kam ein spannendes, vielschichtiges Werk heraus, das sowohl als Ganzes, als auch als Unikat außerordentliche Bildwelten erzeugte. Dazu Dinstl: »Es war tatsächlich ein herausforderndes Format, von dem ich mich inspirieren hab’ lassen. Ich habe mich treiben lassen und absolut entspannt auf ein freudiges Ergebnis gewartet.«
Text: Martin G. Wanko
Bilder: ©Florian Lierzer, Stefan Leitner, Galerie Grill