Die Königin der Öle.

40plus-Autor Georges Desrues geht dem Olivenöl-Hype Istriens auf den Grund.

Olivenölproduzenten gibt es viele rund um Triest und in Istrien. Aber nur wenige verfügen auch über eine eigene Presse. Dario Sinoi im Ort Nova Vas, im kroatischen Teil von Istrien, zählt dazu. „Im Jahr 2010 haben wir uns entschlossen, in eine eigene Anlage zu investieren“, erzählt er, „weil wir damals erkannten, dass die Olivenölproduktion immer bedeutender wird und folglich immer mehr Pressen benötigt werden.“

Beim istrianischen Öl muss auf die Sorte geachtet werden.

Die Rechnung ging auf. Heute herrscht starke Nachfrage nach Olivenöl im Allgemeinen und nach jenem aus dem gesamten Gebiet von Rijeka über Istrien und Triest bis hin nach Görz im Speziellen. Doch während man in Kroatien und Slowenien in den letzten Jahrzehnten auch zur Förderung des Tourismus sehr viel in Olivenwirtschaft investierte, tausende Jungbäume auspflanzte und es mit hervorragendem Öl zu internationalem Ruhm brachte, stellt der Olivenanbau im italienischen Friaul und rund um Triest eine wirtschaftliche eher bescheidene Realität dar. Wenngleich man sich auch hier einer langjährigen Tradition und eines hohen Qualitätsbewusstseins rühmen kann. Uralte Bäume am Triester Karst zeugen davon, dass hier, genau wie in Istrien, bereits Römer und Phönizier Oliven ernteten und Öl pressten.

Der Vorteil der eigenen Presse liege auf der Hand, sagt Dario, während er die Türe zu seiner Anlage aufstößt. „Umso weniger Zeit vergeht zwischen Ernte und Pressung, desto besser wird das Öl.“ Star unter Sinoi‘ Ölen ist jenes aus der Sorte Bjelica, Italienisch: Bianchera, die in Istrien und Triest heimisch ist. Dabei handelt es sich um eine resistente Sorte mit anständigem Ertrag, die in den kalkhaltigen Böden tadellos gedeiht und sehr gut an die lokalen Bedingungen angepasst ist. So gilt sie etwa als besonders widerstandsfähig gegen den starken Bora-Wind, gegen die im Winter zumindest fallweise nach wie vor eisigen Temperaturen und gegen den selten, aber doch vorkommenden Schneefall.

Je jünger das Öl, desto besser die Qualität.

In den Zeiten nach dem Zweiten Weltkrieg und mit der Industrialisierung der Landwirtschaft wurde der Olivenanbau um Triest zunehmend vernachlässigt. Das unebene Gebiet und die kleinen Parzellen machten mechanische Bewirtschaftung unmöglich, sodass die Bianchera vielfach durch ertragreichere Sorten, etwa aus der Toskana, ersetzt wurde. Bis vor einigen Jahren ein Umdenken einsetzte.

„Öl wird nicht besser. Gut beraten ist also, wer so früh wie möglich nach der Pressung kauft.“

„Es gibt immer mehr Kunden, die nach reinsortigem Öl verlangen“, bestätigt der Olivenbauer und Mühlenbesitzer Sinoi, „…und die bevorzugen in der Regel jene Sorten, die bei uns heimisch sind wie etwa die Bianchera.“ Tatsächlich ergibt die Sorte ein Öl mit frischem, fruchtigem Aroma sowie einer bitter-würzigen Note im Geschmack. Allerdings ist es auch ein Öl der pikanteren Sorte, wie es einige eingefleischte Liebhaber, aber durchaus nicht alle zu schätzen wissen.

„Zum Kochen würde ich es nicht verwenden“, sagt Sinoi, „dazu ist wohl doch etwas zu intensiv und scharf. Besser eignen sich dazu die Blends, also die Öle aus gemischten Sorten, die wir auch erzeugen, und die um einiges milder sind.“ Gemeint sind die ursprünglich aus der Toskana stammenden Sorten, die weltweit und folglich auch hier angebaut werden. Wie Leccino, Frantoio oder Moraiolo. Und für jene Kunden, die zwar das Pikante nicht so schätzen, und dennoch Öl aus einer lokalen Sorte mit heimnehmen wollen, gibt es auch noch die Busa (Kroatisch und Slowenisch Bua). Sie ist etwas weniger fruchtig, dafür auch nicht ganz so scharf. Zu bedenken ist jedenfalls, dass Olivenöl drei Feinde hat. Nämlich Licht, Sauerstoff und Zeit. Darum sollte man stets drauf achten, es zumindest in dunklen Flaschen oder Metall-Containern zu kaufen oder – noch besser – in einer sogenannten Bag-in-Box, also Kartons mit Zapfhahn, die einen Schlauch enthalten. Sodass weder Licht noch Luft dazukommt. Und was die Zeit angeht: Öl wird nicht besser. Gut beraten ist also, wer so früh wie möglich nach der Pressung kauft. Also am besten jetzt im Winter.

Text: Georges Desrues

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