Sogar im Herbst sind die Temperaturen oft noch sommerlich. Zu heiß für Rotwein? Nein, sagen die Experten. Einfach zuvor runterkühlen. Im Glas bekommt er wieder die gewünschte Trinktemperatur. Bei diesem Tasting fokussieren wir mit Wien, Niederösterreich, dem Burgenland und der Steiermark vier Bundesländer, unter der Prämisse, biodynamisch zu sein, denn bio alleine war der Redaktion schon zu wenig – einmal schauen, wie die „Voodoo-Weine“ (©der Standard), so ankommen.
Getestet haben wir bei Anton Kohlbacher, dem profilierten Weinkenner und Verkäufer in der Grazer Leonhardstraße.
Die Tester:
Urs Harnik-Lauris (Leiter Konzernkommunikation Energie Steiermark AG), Anton Kohlbacher (Dipl. Sommelier, Weinakademiker & Weinhändler), Matthias Kröll (Inh. My Premium Pellets & Bio Himmelreich), Martin G. Wanko (Chefredakteur 40plus), Helmut Gramer (Präsident des Steirischen Sommeliervereins), Wolfgang Kühnelt (Dozent FH Joanneum, leitet Agentur f. Social Media und das Online-Kulturmagazin Haubentaucher, Ex-Gastrokritiker), Frank Dicker (Geschäftsführer Servus Abfall Dienstleistungs GmbH, Genussmensch) (v.l.n.r)
Moderation und Weinauswahl: Martin G. Wanko
Die 8 Weine:
- Steiermark/Vulkanland: Christof Winkler-Hermaden
- Mittelburgenland: Franz R. Weninger
- Neusiedlersee: Renner & rennersistas
- Neusiedlersee: Gerhard Pittnauer
- Leithaberg: Birgit Braunstein
- Wagram: Martin Diwald
- Kamptal: Weingut Loimer
- Wien: Weingut Wieninger
Winkler Hermaden, Hermada 2018
Matthias Kröll: Merlot hat er nur in der Nase, im Geschmack fast nicht.
Wolfgang Kühnelt: Als Vermeider von Adjektiven bei Weinbeschreibungen greife ich nun doch zu einem Adjektiv: Er ist grundsätzlich trinkfähig. Zugleich finde ich ihn harmlos.
Anton Kohlbacher: Offene Nase, leicht oxy, dunkle Beeren, am Gaumen vordergründig eine gewisse Fruchtigkeit, hintennach ein leicht grünliches Tannin.
Frank Dicker: Hart, relativ kurz, würde ich mir länger wünschen.
Helmut Gramer: Ist leicht offen, was aber die Harmonie nicht allzu sehr stört. Tannin ist recht feinkörnig, wirkt aber nicht ganz reif. Hat aber eine schöne Frische, fast mineralisch am Gaumen, ist ein relativ geradliniger einfacher Wein.
Urs Harnik-Lauris: Er ist noch sehr glatt, das wird noch ein langer Weg zur eigenen Persönlichkeit. Fazit: Ein Rotwein mit einem doch sehr steirischen Einschlag.
Franz Weninger, Kirch Blaufränkisch 2021
Matthias Kröll: Fast noch eine Spur zu jung. Ein leichter Mittagswein, das ist jetzt nicht negativ gemeint!
Wolfgang Kühnelt: Leicht ist er definitiv, alleine schon wegen der 12,5 % Alkohol. Ich bevorzuge Blaufränkische mit etwas mehr. Noch leicht hellgrün, mit anderen Worten: Für Einsteiger wunderbar, ich brauch’ da mehr Substanz!
Anton Kohlbacher: Sehr harmonisch. Feine Frucht, überhaupt nicht grün, trotz der Leichtigkeit schön reif, ein angenehmer Trinkwein.
Frank Dicker: Wenn ich höre Mittagswein – bei einer Weinverkostung in der Toskana gab es drei Kategorien: Swimmingpoolwein, Nudelwein und Fleischwein. Ich stufe den Wein zwischen Swimmingpoolwein und Nudelwein ein, bitte nicht negativ verstehen! Ein feiner Speisenbegleiter!
Helmut Gramer: Einerseits recht leicht und elegant, eine leichte Gärnote, geradlinig, nicht zu komplex, leicht animalisch durch die Brettanomyces-Hefe, ein geradliniger, leicht mineralischer Rotwein mit einer schönen Frucht. Passt zu vielen Gelegenheiten!
Urs Harnik-Lauris: Die Trinkweise ist offen und unkompliziert, kann ich mir ebenfalls gut als Mittagswein vorstellen.
Renner & rennersistas, Pin-oh! noir
Anton Kohlbacher: Typische Farbe für einen Pinot Noir. Dieser ist jedoch extrem früh gelesen, so auch die helle, leuchtende Farbe, dazu ist er sehr frisch, sehr säurebetont, ein schlüssiger Wein.
Matthias Kröll: In seiner Trinkfreudigkeit gut, ein Tagsüber-Rotwein. Zu einem Speckbrot wunderbar.
Urs Harnik-Lauris: Der Welschriesling in rot. Mit einem leichten Himbeersafteinschlag, ein süffiger, leichter Sommerwein!
Wolfgang Kühnelt: Der Aperitif vor dem Rotwein.
Frank Dicker: Die Franzosen würden ihn zu Meeresfrüchten trinken. Ich würde ihn kaufen!
Helmut Gramer: Sehr guter Wein, leicht, schönes Aroma nach Himbeere und Erdbeere, feines Tannin, sehr ausgeglichen, sehr balanciert, wunderbare Frische, passt zu leichten Vorspeisengerichten – ein wunderbarer Wein.
Pittnauer, Neusiedlersee Altenberg, Reserve 2020
Matthias Kröll: Ein sehr komplexer Wein, etwas jung, von der Komposition her schön zu trinken, hat eine ganz leichte Säure.
Wolfgang Kühnelt: Sehr angenehme Mischung, der ist super. Für den frühen Abend kann man den richtig gut aufmachen. Sehr ordentlich. Kann man noch etwas liegenlassen.
Anton Kohlbacher: Sehr intensive Frucht, Mischung aus Powidl und eine ganz reife Cassis-Note. Am Gaumen ist er überraschend harmonisch, das ein oder andere Jahr kann man ihm noch geben, ansonsten sehr sauber.
Frank Dicker: In der Nase
angenehm, am Gaumen angenehm, die richtige Länge, ein Wein, den ich mir durchaus kaufen würde.
Helmut Gramer: Recht kräftiger Wein mit dunkler Frucht, etwas störend sind die animalischen Noten in der Nase und am Gaumen. Tannin ist kräftig, das braucht noch zwei-drei Jahre. Etwas störende Bitternote. Von der Länge her ist er okay. Bemerkenswert ist, dass er trotz der kräftigen Frucht eine schöne Säure hat. Sehr gut ausbalanciert.
Urs Hernik-Lauris: Steht für sich alleine, ein schöner Solitär. Ist ein gepflegter Abendwein, der sein Potential noch nicht ganz erschlossen hat. Die Weichheit, die er verspricht, konnte er noch nicht ganz einlösen, wobei ich davon ausgehe, dass er das in einigen Jahren tun wird.
Birgit Braunstein, Blaufränkisch Ried Glawarinza
Matthias Kröll: Sehr schöner Blaufränkischer, schönes Säurepotential, sehr schöne Reife, für das Leithagebirge ein feiner Wein. Ein perfekter Wein für 18:30 Uhr. Da passt so ziemlich alles!
Wolfgang Kühnelt: Ich muss zugeben, ich habe überhaupt keine Kenntnis über dieses Weinbaugebiet. Aber der Wein ist geschmacklich sehr sauber, ein starkes, schönes österreichisches Rotweinchen, hätte ich gesagt. Durchaus auch ein Wein für nach 18:30 Uhr!
Frank Dicker: Am Gaumen überraschend, ein runder Wein. Kann ich mir sogar schon zu einem Steak vorstellen!
Anton Kohlbacher: Der verlangt sogar schon nach einem Steak! Am Gaumen die rauchigen Noten, ein jugendliches Tannin, das
hintennach recht kernig wirkt, das sich noch gut entwickeln wird – alles in allem ein feiner Rotwein!
Helmut Gramer: Sehr harmonischer, sehr gut balancierter Wein, in der Nase weniger Frucht, aber leicht rauchig, wirkt noch sehr jung. Am Gaumen sehr schönes Tannin, gute Intensität, gute Länge, sehr, sehr guter Rotwein. Ein Vorzugswein!
Urs Harnik-Lauris: Nussiger Grundgeschmack, große Eleganz, sehr rund, ruhig, unaufgeregt, sehr ausgewogen, wenn ich davon ausgehe, dass er in zwei bis drei Jahren noch mehr zu bieten hat. Ein absoluter Abendwein!
Weingut Diwald, Zweigelt Luft & Liebe 2021
Matthias Kröll: Ein außergewöhnlicher Zweigelt! Ein ganz toller Wein!
Wolfgang Kühnelt: Ich kaufe nie Zweigelt, aber das ist mit Abstand der beste Zweigelt, den ich die letzten 20 Jahre getrunken habe!
Anton Kohlbacher: Sehr feiner, harmonischer Wein, typische Zweigelt-Frucht, feine Sauerkirsche, am Gaumen sehr harmonisch, eine sehr markante Säure, die den Wein sehr frisch macht. Ein guter Wein.
Frank Dicker: Ich schließe mich an! Ein ganz runder Wein, hat etwas Stoffiges.
Helmut Gramer: Geradliniger Wein, viel rote Kirschfrucht in der Nase, ist mineralisch. Am Gaumen grüne Kräuter, was ihm eine wunderbare Frische gibt, schöne Länge, sehr gut balanciert, schön mineralisch, sehr harmonischer Wein!
Urs Harnik-Lauris: Starke Eindrücke von Zwetschken, in Summe ein wirkliches Erlebnis. Einer der besten Zweigelt, die ich je getrunken habe. Einschlag.
Loimer, Pinot Noir Dechant, Langenlois 2015
Matthias Kröll: Ein ganz toller Wein, reif, voll in der Trinkreife, ganz harmonisch, einer der besten dieser Sorte, die ich in den letzten Jahren getrunken habe.
Wolfgang Kühnelt: Beobachte Fred Loimer schon einige Jahre lang, kreativer Winzer. Die Nase begeistert mich jetzt nicht so sehr, aber der Wein steht total gut da, super geschmeidig, für einen Niederösterreichischen Rotwein sensationell. Sehr elegantes Etikett noch dazu, sollte auch einmal gesagt werden.
Anton Kohlbacher: Typische Pinot Noir Nase, ein bisschen Kräuterwürze, rote Beeren, Würze vom Holz, bisschen rauchig, am Gaumen hat er schon eine gewisse Trinkreife, eine gute Struktur, wirkt sehr harmonisch, könnte man auch durchaus noch lagern.
Frank Dicker: Bei dem gefällt mir alles. Die Nase, der Gaumen, die Länge. Nicht überraschend, da der Pinot Noir unter den Roten mein Lieblingswein ist. Ein perfekter Wein!
Helmut Gramer: Typischer Pinot Noir. Sehr frisch in der Nase, sehr harmonisch, elegant. Bemerkenswert, da 2015 trotz dem warmen Jahr, der Wein nur 13 % hat und sehr frisch wirkt. Tannin ist nicht ganz gereift, der Wein hat sicher noch fünf bis zehn Jahre. Sehr gutes Reifepotential. Ein sehr, sehr guter Pinot Noir!
Urs Harnik-Lauris: Ein Solitär im Pinot Noir Umfeld, unvermutet in dieser Region, nicht nur Respekt, sondern Begeisterung für diesen Wein!
Wieninger, Pinot Noir Grand Select 2021
Matthias Kröll: Kein Makel, sehr harmonisch, ein Topwein, schöne Frucht, schönes Holz, eine ganz leichte Zuckerlkirsche im Hintergrund. Er verträgt mehr Alter.
Wolfgang Kühnelt: Für mich ist der Wein zu kultiviert. Den schenkst du einem Menschen, der Rotwein mag, aber du nicht sicher weißt welchen.
Anton Kohlbacher: Sehr jugendlich, noch sehr vom Faßausbau geprägt, das überstrahlt dem Vernehmen nach das Geschmackserlebnis. Er ist aber ein sehr guter Wein, er hat alle typischen Merkmale, die ein guter Pinot Noir hat. Die feine Frucht, ein jugendliches Tannin, ich würde mir den Wein in 10 Jahren wünschen!
Frank Dicker: Genau! Ich würde den Wein gerne aus dem Jahr 2015 gekostet haben, das wäre genau das richtige Alter, ansonsten ist der Wein für mich perfekt.
Helmut Gramer: Absolut harmonisch und zugleich sehr komplex. Das Holz ist sehr gut eingewoben, einzig die leicht karamellige Nougatnote am Gaumen sticht hervor und gibt ihm so eine gewisse Kommerzialität, im Moment. Die wird er jedoch verlieren. Er hat noch Kräuter mit genügend Intensität dabei. Es passt alles! Perfekter Wein, sehr gute Länge, sehr gute Intensität, Tannin ist wunderbar reif und fein. Man könnte aussetzen, dass er derzeit noch zu jung ist, aber in zehn Jahren ist das der perfekte Wein. Dieser Pinot Noir zählt zu den Besten in Österreich. Das ist Weltklasse.
Urs Hernik-Lauris: Ein Wein, den man jedem schenken kann. Mit dem macht man nie etwas falsch, das kann zugleich als Stärke oder Schwäche interpretiert werden, ich interpretiere es als Stärke. Er ist Everybody’s Darling. So rund und so weich, fast zu schön um wahr zu sein!
Mitmachen & Gewinnen
Gewinne eine von 8 Flaschen Rotwein, die im Rahmen unseres 40plus Talk & Tasting verkostet wurden.
Moderation & Weinauswahl: Martin G. Wanko