Gerade jetzt braucht man sehr viel Gefühl, um eine Stadt anführen zu können. Ein Gespräch mit dem Grazer Bürgermeister in einem bemerkenswerten Jahr.
Herr Bürgermeister, können Sie mir sagen, wann für Sie eine Stadt eine Stadt ist?
Städte sind immer Orte, an denen die gesellschaftlichen Entwicklungen schneller und deutlicher sichtbar werden, an denen Menschen volatilere Lebensentwürfe entwickeln, ein Ort, an dem im besten Sinne nach Richard Sennett „Menschen an der Gesellschaft anderer Gefallen finden.“
Dazu passt ganz gut die nächste Frage: Wann lebt für Sie Graz?
Überall dort, wo Menschen innovative Wege suchen, wo sie Ihr Leben selbst in die Hand nehmen, aber auch dort, wo Menschen bedingungslos füreinander da sind. Gerade die AMOK-Fahrt vor fünf Jahren oder die Corona-Krise heuer haben sehr deutlich gezeigt, mit welcher Kraft die Grazerinnen und Grazer zusammenhalten können. Was hier an Solidarität, Verantwortungsbewusstsein und Disziplin sichtbar wurde – großer Respekt!
Was ist für Sie die Essenz aus Graz – Was macht Graz aus?
Oft hört man, dass Graz im Gegensatz zur anderen Städten nicht über die eine, fast alles andere ausschließende Erzählung verfügt. So wie Mozart und Salzburg. Graz ist die „Vieldeutige“. Das sollte uns gerade in einer Zeit, in der die allgegenwärtigen Algorithmen alles auf „null“ oder „eins“ stellen wollen, auch als Qualität bewusst sein.
Wann spüren Sie unser Stadt am stärksten?
Wenn ich in der Früh, in letzter Zeit leider zu selten, laufen gehe und die Stadt rundherum erwacht, kann man fast körperlich spüren, wie sich die Grazer Akkus täglich neu aufladen.
Ein Fremder kommt nach Graz, was zeigen Sie ihm als erstes?
Wer zum ersten Mal nach Graz kommt, sollte mit dem neuen Schlossbergmuseum beginnen und durch unsere Altstadt zur Augartenbucht gehen.
Herr Bürgermeister, 40plus dankt für das Gespräch.
Text von Martin G. Wanko