Aus der CO2-Krise kommt Österreich nur schwer heraus. Parallel dazu wächst die Erdbevölkerung, das kurbelt wiederum die Lebensmittelproduktion an, so auch der Bedarf an nahrhaften Proteinen. Soweit zu den allseits bekannten Fakten, die mitunter einen höllischen Run auf Ressourcen auslösen können, in dem die Natur und schlussendlich unser Planet zu den Verlierern gehören.
Mitten in der Krise ratterte 2022 folgende Aussendung durch die Medien: „Den Innovationspreis Steiermark 2022 gewinnen das Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) und das Start-up Econutri. Die zwei Unternehmen verwandeln mit Hilfe von Wasserstoff und einem besonderen Mikroorganismus namens Cupriavidus necator das schädliche Treibhausgas CO2 in ein hochwertiges Protein.“ Dieses Protein kann als zusätzliche Futter- und Nahrungmittelquelle für Mensch und Tier dienen, ökologisch nachhaltig, ganz ohne Soja. Was im ersten Moment wie ein Fake klingt, und im zweiten wie ein Wunschzettel an Christkind und Weihnachtsmann zusammen, ist nun Realität.
In diesem neuartigen Prozess, der Carbon-Utilization-Technologie, wird das schädliche Treibhausgas CO2 in hochwertiges Protein verwandelt und trägt so zur Senkung der CO2-Emission bei. Kernstück des Prozesses ist ein hochwertiger Bioreaktor, in dem die Umwandlung stattfindet.
Über ein Jahr ist seit dem Gewinn des Innovationspreises nun vergangen, routinemäßig wirft man einen Blick auf die Econturi-Webpage und siehe da, es hat sich etwas getan! Die erzeugten Proteine werden zum Test angeboten. Gründer und CSO Prof. Dr. Schwab und Mitgründerin Verena Schwab thronen vor dem Bioreaktor. Es ist also etwas weitergegangen, Zeit für ein Interview.
Was passiert in Ihrem Bioreaktor genau?
Wir machen uns den Prozess der Fermentation zu Nutze, mit Hilfe von moderner neuer Technologie (unserem Reaktorsystem) und einem speziellen Organismus, der die spezielle Eigenschaft hat, dass er CO2 als einzige Kohlenstoffquelle nutzen kann. Andere Mikroorganismen benötigen immer organische Kohlenstoffquellen wie, z. B. Zucker, wir kommen bei unserer Herstellung von Proteinen somit komplett ohne Landwirtschaft aus. Ich denke es wird notwendig sein, die Produktionsweisen und Produktzusammensetzungen transparent darzustellen, damit Konsumenten gute Entscheidungen treffen können.
Gibt es seit dem Innovationspreis 2022 neue Erkenntnisse?
Im Jahr 2022 haben wir unsere Pilotanlage in Betrieb genommen. Seither wurden die Prozesse und Produkte im Pilotmaßstab beforscht. Wir haben nun einen Prozess für die Herstellung von Proteinen für die Futtermittelproduktion definiert und das erste Produkt im Bereich Futtermittel für Fische in der Aquakultur entwickelt. Dieses wird aktuell getestet, um sicherzustellen, dass die Proteine bestens als Ersatz für wenig nachhaltige Zutaten in aktuellen Futtermischungen, wie Fischmehl oder Sojaproteine, geeignet sind. Im Jahr 2023 konnten wir eine Investition für die weiteren Entwicklungen sicherstellen.
Auf Ihrer Webseite kann man bereits nachhaltig produzierte Proteine erwerben. Dazu gratuliere ich Ihnen herzlichst! Schmecken diese auch?
Man kann sie aktuell noch nicht kommerziell erwerben, die Proteine stellen wir als Proben für Unternehmen aus den Bereichen Futtermittelherstellung oder Nahrungsmittelherstellung zur Verfügung, damit diese Tests durchführen können und um Produkte zu entwickeln. Der Geschmack ist tatsächlich relativ neutral, mit einer leichten Umami-Note versehen. Neutral ist in diesem Fall besonders gut, denn so kann das Protein in vielen Lebensmitteln eingesetzt werden.
Sind die nun als Nahrungsmittel oder als Nahrungsergänzungsmittel registriert?
Die Zulassung als Lebensmittel ist noch ausständig. Wir gehen diese an, sobald wir Produkte zur Zufriedenheit potenzieller Kunden entwickeln können. Wir müssen uns sicher sein, dass sich am Endprodukt nichts mehr ändert, bevor wir durch den Zulassungsprozess gehen werden. Dieser ist sehr umfangreich und kostenintensiv, natürlich um festzustellen, dass die Lebensmittel, die zugelassen sind, allen Anforderungen der menschlichen Ernährung entsprechen werden.
Ebenso sehe ich Haustier und Viehfutter, bis hin zur Kosmetik – ist das für den Endverkäufer rentabel?
Effizienz der Prozesse ist für uns eines der obersten Forschungsziele. Wir möchten in der Lage sein, eine preislich kompetitive Alternative zu aktuell verwendeten Proteinquellen darzustellen.
Wie schaut es in der von Ihnen gewünschten Zusammenarbeit mit der Industrie aus?
Wir haben viele Gespräche mit Unternehmen und sehen, dass Interesse an unserer Technologie vorhanden ist. Dieses Jahr fokussieren wir uns auf die Suche nach einem passenden Standort für unsere Demonstrationsanlage. Dafür sind wir auf der Suche nach Partnern, mit denen die Umsetzung möglich wird.
Was sind die nächsten Ziele?
Aktuell wird unser erstes Produkt in Kooperation mit der VetMed in Wien für die Fütterung von Fischen in Aquakultur getestet. Wir sind nun intensiv mit der Suche nach einem passenden Standort für unsere Demonstrationsanlage beschäftigt. Die Planung dafür ist bereits gestartet, wir suchen weitere industrielle Partner für potentielle Kooperationen. Im Jahr 2025 soll mit der Umsetzung begonnen werden. Simultan arbeiten wir an der Produktentwicklung für Haustierfutter und Nahrungsmittel. In verschiedenen Projekten werden die Funktionalitäten und Eigenschaften der Proteine bestimmt und optimiert, sodass wir den Zulassungsprozess möglichst bald starten können. Für die weitere Umsetzung suchen wir bald auch wieder frisches Kapital.
Text & Interview: Martin G. Wanko
Bilder: © M. Kanizay