Anita Frauwallners Lebensthema sind die Billionen von Bewohner in unserem Darm, denn diese probiotischen Bakterien ermöglichen uns ein gesundes Leben und ein Altern in Kraft und Würde. Um mit dieser Botschaft möglichst viele Menschen zu erreichen, hat die gebürtige Fürstenfelderin vor 30 Jahren das Institut AllergoSan gegründet, das in Kooperation mit zahlreichen europäischen Universitäten wissenschaftliche Forschungsarbeit im Bereich der probiotischen Medizin leistet. In einem Alter, in dem andere die Freuden des Ruhestands genießen, hat die international erfolgreiche Unternehmerin, Präsidentin der österreichischen Gesellschaft für probiotische Medizin, Beraterin und Vortragende den Kopf voll mit neuen Ideen. Ein Gespräch über die Definition von Erfolg, psychische Nachhaltigkeit und darüber, warum ein Lächeln im Gesicht ihr wichtigstes Accessoire ist.
Liebe Frau Mag. Frauwallner, ein Vogerl hat uns gezwitschert, dass Sie gerade erst einen runden Geburtstag gefeiert haben. Herzlichen Glückwunsch!
Dankeschön! Ich gebe es ehrlich zu, für mich ist der 65er kein Problem. Ich spüre ihn Gott sei Dank nicht körperlich. Nach dem großartigen Omni-Biotic-Apfelland-Triathlon am Stubenbergsee und einer Außendiensttagung durfte ich als Krönung mit lieben Menschen meinen Geburtstag feiern. Obwohl es ein langer Tag war, haben wir bis in den frühen Morgen hinein getanzt. Meine viel jüngeren Mitarbeiter fragen mich immer ganz erstaunt: Wo haben Sie diese Energie her? Wie schaffen Sie das? (lacht)
Sie sind mit Ihrem Unternehmen eine Pionierin im Bereich probiotischer Darmbakterien – was macht sie so wertvoll für unseren Körper?
Ich arbeite jetzt schon sehr lange mit probiotischen Bakterien und mittlerweile weiß ich: alles in unserem Körper hängt damit zusammen. Mäuse, die man steril aufzieht, denen man also diese Bakterien entzieht, sterben innerhalb kürzester Zeit, weil sie kein Immunsystem aufbauen. Bakterien sind so wesentlich, weil sie aus der Nahrung alle Stoffe extrahieren, die der Mensch benötigt. Jene Stoffe, die für uns schlecht sind, ummanteln sie und wir scheiden sie wieder aus. Die Bakterien unterscheiden nämlich ganz genau, was braucht der Mensch und was nicht. Man sollte sich auch einmal fragen: wie oft in meinem Leben hab ich schon Antibiotika bekommen? Wenn das öfter als einmal im Jahr war, ist vermutlich schon einiges an Bakterien-Diversität verlorengegangen. Bei jeder Antibiotika-Gabe können Sie nämlich damit rechnen, dass 5 bis 10 % der Bakterien nicht wiederkommen. Gebe ich jedoch während der Antibiotika-Gabe ein hochwirksames Probiotikum, wirkt das wie Schutztruppen für unsere Darmbakterien. Ein weiterer Vorteil von probiotischen Bakterien: Sie können die Nebenwirkungen von Medikamenten reduzieren. Das ist etwas, woran auch Big Pharma sehr interessiert ist.
Mit Ihrem Unternehmen sind Sie heute einer der Big Player Ihrer Branche und das weit über den rot-weiß-roten Horizont hinaus. Was bedeutet Erfolg für Sie?
Eine Vision zu haben, die einen antreibt. Meine ganz große Vision ist es, unsere Forschung im Bereich Krebs und Probiotika voranzubringen. Erfolg heißt auch, abends im Bett den Tag Revue passieren zu lassen und sich zu denken: Wow, so viele positive Momente! Erfolg sind für mich all die Anrufe von Menschen, die uns ihre Geschichte erzählen, und was sich in ihrem Leben verändert hat, seit sie Omni-Biotic nehmen. Ich weiß von anderen Unternehmen, dass niemand mehr in der Telefonzentrale arbeiten will, weil nur Beschwerden kommen.
Bei uns ist das Gegenteil der Fall. Dass wir Menschen etwas geben können, das sie ohne uns nicht bekommen hätten, das ist für mich Erfolg. Und dann natürlich all die schönen Begegnungen mit meinen Mitarbeitern, bei denen ich spüre: es macht ihnen Freude, hier zu arbeiten. Und die es wahnsinnig schätzen, wenn man selbst gut drauf ist. In den Anfängen des Unternehmens gab es Zeiten, da habe ich am 25. des Monats nicht gewusst: hast du noch das Geld, um deine Angestellten zu bezahlen? Auch wenn ich mir natürlich Sorgen gemacht habe, dachte ich: Deine Mitarbeiter können nichts dafür. Also bin ich jeden Morgen mit einem fröhlichen Gesicht aus dem Auto ausgestiegen und mit einem Lächeln ins Büro gegangen. Diese positive Grundhaltung habe ich bis heute beibehalten.
Als Unternehmerin und Visionärin sind Sie zweifellos ein weibliches Role Model. Welchen Ratschlag würden Sie jungen Frauen am Beginn Ihrer Karriere heute geben?
Als ich das Unternehmen gegründet habe, habe ich 15 Jahre lang ausschließlich Frauen eingestellt. Mein oberster Grundsatz war immer: Ich werde meine Mitarbeiterinnen anständig bezahlen und mit Respekt behandeln. Schließlich sind das die Menschen, mit denen ich den ganzen Tag verbringe. Und ich werde mich dafür einsetzen, dass sie aufsteigen. Und wenn du nur Frauen beschäftigst, wird natürlich eine von denen der nächste Teamleader. Ich denke, ich gebe Frauen, die es selber probieren wollen, Mut. Ich mache das auch gerne bei der FH Joanneum, dass ich als Captain im Innovationsmanagement tätig bin. Meine Botschaft an diese jungen Leute: Glaubt an Euch, versucht es einfach! Aber ich sage auch ganz klar: Dieser Job kann auch manchmal hart werden. Wenn ich wirklich eine Führungsrolle haben will, dann geht es mit 8 Stunden nicht. Ich hatte diesbezüglich ein gutes Timing, ich habe meinen Sohn bekommen, da war ich gerade einmal 23, als ich dann das Unternehmen gegründet habe, war er schon aus dem Gröbsten raus.
Nachhaltigkeit ist heute ein großes Thema, das vielfach sehr großzügig ausgelegt wird. Stichwort Green Washing. Daher die Gretchenfrage: Wie halten Sie es mit der Nachhaltigkeit?
All unsere Produkte kommen aus der Natur. Wir verwenden keine chemisch hergestellten Bakterien. Sämtliche Rohstoffe stammen aus Europa, um Lieferketten möglichst kurz zu halten. Das Gebäude, in dem wir uns gerade befinden, ist vorausschauend geplant: Wir haben im Haus eine Wärmepumpe und am Dach eine Photovoltaikanlage. Was wir recyceln können, das wird recycelt. Und dann gibt es bei uns auch – und bitte lachen Sie mich jetzt nicht aus – so etwas wie eine psychische Nachhaltigkeit.
Was ich damit meine: Jeder, der/die hier arbeitet, weiß, dass wir immer ein offenes Ohr für ihre Anliegen haben, zum Beispiel, wenn jemand eine Auszeit braucht, weil gerade etwas anderes in seinem Leben wichtig ist. Außerdem möchte ich Menschen die Chance geben, gesund ins Alter zu gehen. Dazu muss ich auch darauf achten, dass sie mit 30 gesund sind. Wenn ich nicht jetzt die Grundlage lege, werden meine körperlichen Ressourcen irgendwann komplett aufgebraucht sein. Ich hab meine Mutter letztes Jahr im Alter von 98 Jahren verloren, aber sie war nur die letzten 5 Tage krank, bevor sie gestorben ist. So etwas wünscht man sich.
In der äußeren Wahrnehmung stellen Sie das Gesicht ihres Unternehmens dar. Ist AllergoSan ohne Anita Fraunwallner denkbar?
Für mich selbst ist das Loslassen kein Problem, weil ich so viele Interessen habe. Ich habe im Unternehmen so vieles angeregt, dass meine Mitarbeiter für die nächsten Jahrzehnte genug zu tun haben. Und ich habe einen Sohn, der seit gut 10 Jahren im Unternehmen ist – es ist ein Riesenglück, dass wir uns so gut ergänzen. Und ich weiß, dass meine Mission auf dieser Erde von ihm fortgesetzt wird.
40plus bedankt sich für das Gespräch!
Text & Interview: Claudia Piller-Kornherr
Bilder: Foto Fischer Graz und Florian LIerzer