Ein jeder kennt vom Wichteln aus der Schulzeit diese Situation: Man zieht ein Los und kommt in die unglückliche Lage, die Person beschenken zu müssen, die man überhaupt nicht ausstehen kann. Meistens schenkt man dann Belangloses. Aber das muss nicht sein: Im Grunde hat man zwei Möglichkeiten, die beide legitim sind: Entweder geht man auf den Feind zu und beschenkt ihn richtig gut oder man unterstreicht die Feindschaft und spielt dem Beschenkten einen kleinen Streich.
Böses schenken
Über seine Feinde gut informiert zu sein, zahlt sich aus. Zum einen ist das eine Art Hochachtung dem Feind gegenüber, zum anderen eröffnet das ein viel breiteres Repertoir an Dingen, die zu verschenken wären. Einem Opernhasser schenkt man eine Premierenkarte für die nächste Opernproduktion. Einem Fußballfan schenkt man Karten für die Konkurrenz.
Natürlich sind solche Geschenke Ziel eines gezielten Angriffs, sie sollten jedoch von zu privaten Geschenken Abstand nehmen: Einem Abstinenzler eine gute Flasche Wein zu schenken oder einem Trinker einen gegenteiligen Ratgeber zu schenken, da muss man achten, ob man hier über das Limit geht. Obgleich Wildschweine tatsächlich immer mehr zur Plage werden, könnte einem Vegetarier eine Teilnahme bei einer Wildschweinjagd zu viel sein. Das sind dann schon fast geliebte Feinde, denen man solche Geschenke machen darf. Grundsätzlich sollte der Feind die Geschenke auch einlösen. Wenn man dem Vegetarier ein gut verpacktes Stück Dry Aged Steak schenkt, oder einem Fleischfresser ein Buch über die verschiedenen Anbauformen von Karotten, dann weiß der Feind, dass man sich mit ihm beschäftigt hat und möglicherweise findet er Gefallen daran oder schenkt es weiter.
Gutes Schenken
Sehr viel Selbstüberwindung gehört hingegen dazu, wenn man Feinde mit einem Geschenk beglückt, an dem sie sich wirklich gütlich tun können. Sei es eine ausgezeichnete Flasche Champagner, eine ausgefallene Lampe oder ein Kurzurlaub. Auf alle Fälle wird man den Feind damit überraschen, ihn vielleicht sogar überrumpeln. Eine Möglichkeit ist, dadurch Frieden zu schließen, eine andere ist es zu zeigen, dass man über der Feindschaft steht. Das ist jetzt, ohne dass man zu christlich werden will, „in aller Freundschaft“ durchaus ein Ansatz, die Welt besser zu machen.
Text: Martin G. Wanko
August Schmölzer, Schauspieler:
„Feinde erkennt man ja oft nicht, weil sie meist feige im Hinterhalt schmoren. Als jemand, der sich nach Vermögen im sozialen Bereich einbringt, habe ich nicht nur Freunde, sondern Naturgemäß auch Neider. Durch Zufall konnte ich einem mir nicht wirklich gut gesinnten Nachbarn, dessen Auto mitten auf der Ortsstraße liegen geblieben war, helfen. Es war der Tag vor Heiligabend, er war leicht betrunken. Wir schoben das Auto auf die Seite, ich rief einen Mechaniker und fuhr den Nachbarn nach Hause. Einige Stunden später holte ich ihn wieder ab. Die Bagatelle am Auto war gerichtet und er konnte, inzwischen nüchtern, nach Hause fahren. Tage später hörte ich, dass er mich nicht nur im Gasthaus über den grünen Klee lobte. Also wenn der Niedertracht das Gute begegnet, kann es manches Mal zur Gemeinschaft führen. Frohe Weihnacht‘!“
Dr. Stefan Schoeller:
„Als Anwalt kann man kurz vor Weihnachten z.B. seinem „Lieblingsfeind“ das Angebot machen, ihm vor den Feiertagen noch ein Testament, eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung im Entwurf zu erstellen; mit Sicherheit ist das ein starker energetischer Beitrag für die nahenden Familienfeste.“
Julia Zotter, Chocolatière:
„Biofekt Nussschnecke: für Feinde der Kreativität und Innovation. Und Feinde von Weichtieren. Man sollte den Feind nur mal eine Hälfte kosten lassen – auch bei einem kleinen Biss kommen die Aromen schon gut raus, eindeutig ein Klassiker, garantiert allseits beliebt. Und die kleine Dörrfrucht in der Mitte mit leichtem Marzipan-Anklang? Herrlich. Oder doch nicht? Man möge das Gesicht des Feindes genießen, wenn man preisgibt, dass es sich um eine in Amaretto und Kirschbrand eingelegte Weinbergschnecke gehandelt hat. Der mutige (und ehrliche) Feind isst nun auch die zweite Hälfte, weil’s ja vorher gut geschmeckt hat. Solch gute Feinde möchte man ja auch haben.“
Bischof Wilhelm Krautwaschl:
„Ich bemühe mich darum, jeden Abend mit meiner Umwelt versöhnt schlafen zu gehen. Das kann ich allen nur empfehlen – keinen Groll mitzunehmen, sondern ein ruhiges Gewissen zu haben. Das größte Geschenk für „Feinde“ ist demnach das Angebot der Versöhnung, um Verzeihung zu bitten oder diese auch zu gewähren.“
Gregor Seberg, Schauspieler:
„Habe ich ehrlich gesagt noch nie gemacht. Aber mir ist einmal etwas passiert, dass ich im Falle des Falles anwenden würde: Ich wollte in jungen Jahren einer Freundin, die eine komplette Außenseiterin und sehr einsam war, eine Freude machen. Also habe ich ihr ein – dunkel unterlegtes – Bild gemacht, auf das ich schrieb: „DU LEBST, ALSO WIRD MAN DIR WEHTUN.“ Ich wollte meine Empathie zum Ausdruck bringen, habe sie damit aber komplett ins Verderben gestürzt. Es ist mir zwar, hoffe ich, gelungen, sie wieder aufzubauen. Aber schwarze Magie wirkt…“