Das Ehrenamt als Säule der Gesellschaft.

Jeder Tag ist gleich, aber eben doch nicht. Die Sonne geht auf, wir sehen einen strahlend blauen Himmel, der ins Album der Wirtschaftswunderjahre passt und die Kinder in Richtung Freibad laufen. Doch einige Stunden später traut man seinen Augen nicht. Der Himmel ist dunkelgrau, grelle Blitze, laute Donner und Petrus öffnet seine Schleusen: Sturzbäche voll Wasser ergießen sich über das Land. Ein Szenario, das Österreich dieses Jahr regelmäßig heimsucht. Besonders schlimm traf es Deutschfeistritz bei Graz am ersten Juniwochenende 2024, „Land unter“ war ein Hilfsausdruck. Gassen verwandelten sich zu Sturzbäche, Muren gingen ab, Menschen standen auf den Dächern ihrer überschwemmten Autos und riefen um Hilfe, die entwurzelten Bäume konnte keiner mehr zählen.

Am Sonntag, in den frühen Morgenstunden, zog die Freiwillige Feuerwehr in einem Posting Bilanz: 300 Personen von 25 Feuerwehren standen im Einsatz, 50 Personen mussten aus lebensbedrohlichen Situationen gerettet werden.

Wir sind damit ans Limit gekommen!

Andreas Reiter, Einsatzleiter der Freiwilligen Feuerwehr Deutschfeistritz, im Zitat der Medien.

Die Feuerwehr als Dienstleistung?

Die Freiwillige Feuerwehr rückt dieses Jahr – neben anderen Einsatzkräften – durch Umweltkatastrophen sehr stark ins Zentrum. Die Experten sagen, an dieses Bild werde man sich in den nächsten Jahren gewöhnen müssen. Doch das klassische Bild der Feuerwehr, die einen Brand löscht, weicht in den Hintergrund. Heute sind die Einsatzkräfte mit überschwemmten Straßen und Muren konfrontiert und müssen Menschen evakuieren, die plötzlich von der Außenwelt abgeschnitten sind.

Die Stunden hierfür, die von der Freiwilligen Feuerwehr im Dienste der Gemeinschaft geleistet werden, gehen ins Unermessliche. Der Dank der Betroffenen, denen sie helfen, ebenso. Doch absurderweise werden in unserer egoistischen Zeit Einsatzkräfte als Dienstleistung gesehen, die zu funktionieren haben. Die Bevölkerung vergisst in den Städten sehr oft, dass es in der Steiermark nur eine Berufsfeuerwehr gibt und die 690 Freiwilligen Feuerwehren den Großraum der Steiermark abdecken.

Das Ehrenamt und der Wohlstand

Das sei jetzt nicht nur so dahingesagt, denn bei aller Freude an der Gemeinschaft müssen in der Freizeit Bereitschaftsdienste und Übungen gemacht werden, um sich ernsthaft auf Einsätze vorzubereiten. Mit viel Pech muss man sich dann noch bei einem wirklichen Einsatz von Passanten beschimpfen lassen, dass nichts weitergehe. Wie tickt denn eigentlich unsere Gesellschaft so? Da ist es wohl einigen eine Zeitlang zu gut gegangen. Denen sollte gesagt werden, dass der Luxus in unseren Breiten doch noch ziemlich entspannt leben zu können, ohne den bedingungslosen Einsatz der Ehrenamtlichen nicht möglich sein würde.

Gerade wenn es den Menschen „zu gut“ geht, hat es das Ehrenamt schwer. Warum sollte man für die Allgemeinheit etwas tun, wenn einem selbst nichts abgeht? Aber gerade der Dienst an der Gemeinschaft ist charakterbildend. Es birgt die Möglichkeit in sich, die Gesellschaft in einem anderen Licht zu sehen und sich als Individuum neu zu begreifen. Dass so etwas möglich ist, ist immer wieder zu erkennen: Man sieht nach einem Einsatz die Einsatzkräfte zwar gerädert, aber auch mit einer gewissen Zufriedenheit geholfen zu haben, den Weg heimwärts antreten.

Text: Georg Wallnöfer

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