Gerade weil Wild aus Österreich relativ bedenkenlos gegessen werden kann, ist es sehr begehrenswert und auch diesen Herbst und Winter von den Speisekarten nicht mehr wegzudenken. Einige Fakten darüber sollte man dennoch im Kopf haben. Und natürlich ist Wild nicht gleich Wild. Doch zuerst einige Zahlen.
Damit es auf unsere Speisekarten kommt, sind laut der Steirischen Landesjägerschaft 24.454 Jäger*innen in den steirischen Revieren auf der Jagd. Durchaus eine stattliche Zahl. Gerade die Damen drängen in die Kurse. Laut Webpage der Steirischen Landesjägerschaft machen die Jägerinnen rund ein Drittel der Interessenten aus.
Zahl der Jägerinnen nimmt zu.
»Wir erleben einen regelrechten Boom, was die Anmeldungen zu den Jungjägerkursen betrifft. Neben dem Aspekt des natürlichen und nachhaltigen Lebensmittel Wildbret, steht für viele auch das Wissen über die natürlichen Zusammenhänge in unserer Natur hier im Vordergrund«, so Franz Mayr-Melnhof-Saurau, Landesjägermeister der Steirischen Landesjägerschaft, die Interessenvertretung der Steirischen Jägerinnen. Dazu gibt es 2.536 Jagdreviere, das macht 1,6 Millionen Hektar Jagdland. Die Jägerinnen werden von 4.085 Jagdhunden begleitet.
Betrachtet man diese Zahlen, wird man sich keine Sorgen um das nächste Wildbret machen müssen. Feinspitze werden es sicher wissen: Jagdsaison ist von Mai bis Dezember. »Es sind knapp über 69.000 erlegte Wildtiere – um diese auf den ersten Blick für Nichtkenner der Umstände hoch erscheinende Zahl zu relativieren: Die steirischen Autofahrer ›erlegen‹ jährlich rund 8.000 Rehe in der Steiermark«, so Franz Mayr-Melnhof-Saurau.
Das regionale Superfood.
Neben dem tatsächlichen Tierwohl ist auch das Fleisch des Wildes qualitativ wertvoll: Der geringe Fettanteil, mit einem nachweislich hohem Omega-3-Fettsäuregehalt und das bei richtiger Zubereitung weichem Fleisch, machen das Wildbret zu einem gnadenlosen Verführer. Aber Wild ist nicht gleich Wild. Im Idealfall kauft man es bei einem regionalen Direktanbieter persönlich. Wer hier keine Möglichkeiten hat, geht zum Supermarkt, doch aufgepasst: Hier locken Angebote aus Neuseeland. Klingt irgendwie aufregend, ist aber ein No-Go. »Der nachhaltige und gesunde Aspekt des Fleischkonsums in Form von Wildbret, entfällt dahingehend komplett, dabei bestätigen Spitzenmediziner, dass wir hier von Superfood aus der steirischen Natur sprechen, das sich als Basis einer bewussten und umweltbewussten Ernährung hervorragend eignet«, so der Landesjägermeister.
Doch die Diskussionen über die unterschiedliche Qualität des Wildbrets aus einer Jagd und der Weidewirtschaft halten an: Es gibt Stimmen, die die Ausschüttung der Stresshormone bei der Jagd als gegeben sehen und so auch die Qualität des Fleisches beeinträchtigen könnte. Franz Mayr-Melnhof-Saurau sieht das jedoch anders: »Den tödlichen Schuss bekommen frei lebende Wildtiere – gleich wie Wildtiere in Fleischproduktionsgattern – in der Regel nicht mehr mit. Somit erleben die Tiere einen stressfreien Tod, da sie keinen stressigen Transport durchleben müssen. Innerartlicher Stress ist bei Farmhaltung, aufgrund des abgegrenzten Raumes, natürlich nicht auszuschließen.«
Bio oder nicht bio, das ist hier die Frage.
Dazu gibt es die Tatsache, dass Wildbret aus der Jagd, laut EU-Öko-Verordnung, nicht als Bio-Fleisch im Handel angeboten werden darf. Das Hauptargument sei, dass man bei frei lebenden Wild nicht wisse, wo es seine Nahrung her habe. Dazu der Landesjägermeister: »Nein, ich finde es nicht nachvollziehbar. Meiner Ansicht nach gibt es keine nachhaltigere, umweltverträglichere und gesündere Form Fleisch zu essen und kein natürlicher gewachsenes Fleisch.«
In der Qualitätsfleischerei Jauschnig aus Übelbach, einer der wenigen steirischen Familienbetriebe mit hauseigener Schlachtung, verkauft man ausnahmslos Wild aus Jagden in der Umgebung von Übelbach und keines aus Farmhaltung. »Für uns stellt das Wild aus den Jagden die natürlichste Form von Wild da. Es ist frei und muss sich in der Natur behaupten.«
Mit seinem geringen Fettanteil und gleichzeitig hohem Omega-3-Fettsäuregehalt rangiert Wildbret weit oben im Gesundheitsranking in Sachen Fleisch. Zusätzlich ist es frei von Antibiotika und sonstiger Chemie. Am liebsten werden die Klassiker gekauft: »Wir verkaufen Reh und Hirsch«, so Stephanie Jauschnig. »Am besten ab dem Herbst, wo auch in den Restaurants die Wildwochen stattfinden. Wir verkaufen von Medaillons, über Schnitzel- und Ragoutfleisch, bis hin zu Leberkäse und Bratwürste alles.«
Aber natürlich unterliegt auch das Wild gewissen kulinarischen Trends. Asia-Wild mit Kokosmilch und Shiitake-Pilze zum Beispiel, oder Hirsch aus dem Wok, bis hin zum britisch-indischen Wildschweincurry. Hier spürt man, dass Wild weltweit vorkommt, wo es eben Wald gibt. Woher das Wild kommt, das zu Hause auf dem Teller landet, scheint nach wie vor Vertrauenssache zu sein.
Schlussendlich regiert der Preis!
Die Hälfte des in Österreich verkauften Wildfleisches kommt aus dem Ausland, der Großteil aus Neuseeland. Rund ein Viertel aller in Österreich geschossenen Wildtiere kommt aus Farmen. Unser befragter Gehegebetreiber, der auch Jäger ist, will lieber anonym bleiben, da er so besser für beide Seiten sprechen kann.
Es gibt immer wieder Diskussionen bezüglich der unterschiedlichen Qualität des Fleisches aus dem Gehege und aus Jagden: »Ein gezielter Schuss in freier Wildbahn und es wird keine Probleme geben. Wenn das nicht funktioniert, ist das Tier im Stress und schüttet Hormone aus, die es nicht wieder abbauen kann. Im Gehege gibt es diesen Unsicherheitsfaktor nicht.«
Jäger*innen bringen oft ins Spiel, dass im Gehege eher angefüttert wird, die Qualität des Fleisches also auf der Jagd besser sei: »Wenn im Gehege richtig gefüttert wird, gibt es keinen Unterschied. Dann bleibt das Fleisch mager. Wenn ein Betreiber das Gehege als gewinnbringenden Mastbetrieb sieht, werden die Tiere viele Kilo wiegen und das Fleisch wird fetter sein – was jedoch nicht sein sollte.«
Die eigentliche Diskrepanz zwischen Farmtierhalterinnen und Jägerinnen scheint finanzieller Natur zu sein. »Für Tiere aus dem Gehege bekommt man 6 Euro aufwärts pro Kilo, auf der Jagd ist es die Hälfte. Das hat viel damit zu tun, dass die Instandhaltung eines Geheges einiges kostet. Die Jäger sind nun in die Selbstvermarktung eingestiegen, da ihnen so mehr vom Gewinn bleibt. Den Preis an sich ruinieren uns die Exporte aus Übersee.«
Text: Martin G. Wanko