20 Jahre ist Graz‘ modernes Wahrzeichen und eine der größten Veranstaltungshallen Europas nun alt. Ein Rück- und ein Vorblick geben Einsicht in den gesellschaftlichen und kulturellen Spiegel der Neuzeit.
Nach wie vor zählt die Stadthalle Graz zu den opulentesten Bauwerken in Graz. Am auffallendsten ist das „schwebende Dach“, mit seinen 150 Meter Länge und 70 Meter Breite. 46 Meter ragt es auf die Straße und schafft so eine Art öffentlichen Vorraum für die ankommenden Gäste. Drehbare Elemente lassen die Stadthalle in der Größe variieren, das Eingangsfoyer ist gläsern gehalten und bildet so mit dem Platz unter dem Vordach einen fließenden Übergang.
Begonnen hat im Grunde alles in den 1970er-Jahren, in denen die Grazer Eishalle Popgrößen wie Frank Zappa, Deep Purple und Stevie Wonder beherbergen musste, weil es eben nichts Anderes für die zweitgrößte Stadt Österreichs gab. Hier sei auch dem unermüdlichen Veranstalter Vojo Radkovic gedankt, der mit den Rockstars, die er nach Graz brachte, für eine großstädtische Pop-Kultur sorgte und zugleich die Grenzen der Eishalle aufzeigte.
Aber die Shows der Stars und die Fernsehformate wurden bekanntlich immer aufwendiger und Graz wäre als Veranstaltungsort verschwunden, hätten die Stadtväter nicht in den 1990er-Jahren Mut gefasst, und den Bau der Stadthalle beschlossen. Unter dem politischen Duo Stingl/Nagl wurde 2001 über die Messehalle die Abrissbirne geschwungen und das durch DI Klaus Kada konstruierte architektonische Meisterwerk in Angriff genommen. Gebaut wurde im Rekordtempo von 18 Monaten und eröffnet wurde am 06.10.2002.
DI Klaus Kada
„Es ist für mich interessant, dass die Stadthalle nach wie vor ein starkes Element in der Stadt ist.
Eine gewisse Auffälligkeit ist ihr gegeben, die einem nicht auf die Nerven geht, sondern berührt.“
In den letzten 20 Jahren spielte die Stadthalle Graz alle nur erdenklichen Stückerln: „Die Grazer Stadthalle ist die einzige Halle in Österreich, die alle buchbaren TV-Show-Formate vorweisen kann. Von Carmen Nebel, Silbereisen, Musikantenstadl, Wetten Dass..? und The Dome“, so MCG-Marketing- und Kommunikationsleiter Christof Strimitzer. Großveranstaltungen, wie der RoboCup oder die World Choir Games – mit 20.000 Sängern, muss man erst einmal unter einen Hut bringen. Von Pink bis zur Muse, kamen viele, weil auch die Infrastruktur stimmte.
Für das Team zählen die großen TV-Shows zu den Highlights, denn hierfür bereitet man sich als Veranstalter bis zu zwei Jahre vor. Man darf hier nicht vergessen, dass Shows wie „Wetten Dass..?“ 100 Hallenanfragen pro Sendung bekommen. „Schlussendlich ist der Zuschlag eine unglaubliche Sache und ein gewisser Stolz im ganzen Team wird spürbar, wenn am Ende des Tages die Eurovisionshymne gespielt wird.“
Um wirklich bei den Großen mitspielen zu dürfen, erweiterte die Stadthalle ihre Kapazität. „Unser Motiv lag einerseits in der Weiterentwicklung der Halle, andererseits auch darin, unseren Status am Markt noch klarer zu festigen, um auch Größen wie beispielsweise Muse zu uns nach Graz holen zu können. Wir haben als Team fast drei Jahre investiert, um die Kapazitätengröße der Stadthalle von 11.500 auf 14.500 Besucher anzuheben!“, freut sich Christof Strimitzer. Den Gig von Muse hat Graz damals bekommen und so mischt man seit 2019 mit den größten Hallenveranstaltern in ganz Europa mit, wenn es um die Austragung von Konzerten und Großveranstaltungen geht. In Zahlen sind das: In 20 Jahren 5.500 Veranstaltungen und 13 Millionen Besucher. (Quelle MCG).
Aber die Steiermark ist eben auch die Steiermark und so wird jetzt als größtes Event der größte Ball Europas in der Stadthalle ausgetragen: Der steirische Bauernbundball ist mit rund 16.000 Besuchern der größte Ball Europas. Das ist auch in der Stadt spürbar. „In der Region lösen unsere Veranstaltungen eine Wertschöpfung von 145 Millionen Euro im Jahr aus. Vor allem in den Bereichen Nächtigungen, Gastro, Handel und Transportwesen“, so Strimitzer. Nicht zu vergessen, die Konzerte sind auch eine Werbung für Graz, da immer wieder Besucher aus Südosteuropa kommen.
Und dann kam Corona mit den Folgen.
Gerade als Veranstalter ist es die Seuche der letzten 100 Jahre. „Binnen Sekunden wurde unser Betrieb von 100 auf 0 runtergefahren. Wir haben 250 Veranstaltungen verloren, 1,2 Mio. Besucher auf allen Standorten sind auf 180.000 runtergerasselt. Natürlich haben wir in dieser Zeit Wartungsarbeiten vorgezogen. So ist es gut, dass man jetzt wieder vorsichtig von einem Anfang sprechen kann. Das letzte Konzert vor der Lockdown-Phase und das erste nach der Wiedereröffnung am 21.11.22 war Rainhard Fendrich. Das war extrem berührend, weil wir die meiste Zeit durch leere Hallen gegangen sind. Plötzlich sitzen vor dir wieder 2.500 Besucher und sind einfach nur dankbar!“
Frage an Barbara Muhr (Vorstand MCG):
Die Stadthalle war immer schon ein wesentlicher Veranstalter im Bereich des Sports. Was dürfen wir hier in Zukunft erwarten?
Die Stadthalle Graz überzeugt auf ganzer Linie – vor allem durch ihre Multifunktionalität. Dies stellte sie insbesondere im Bereich Sport mehrfach unter Beweis. Durch die Weiterentwicklungen der MCG-Sportstätten Merkur Arena und Merkur Eisstadion haben wir auch in diesen Arealen grundlegende Möglichkeiten für den Sportbereich geschaffen. So können wir in Zukunft auf unterschiedliche Standorte zur bestmöglichen Durchführung von nationalen und internationalen Sportevents zurückgreifen.
Frage an Armin Egger (Vorstand MCG):
Welche Bedeutung hat die Stadthalle für Graz?
Seit Beginn ihrer Entstehung und ihrer ersten Benutzung war klar: die Stadthalle Graz wird aufgrund ihrer beispielhaften Architektur, Optik und Bauweise nicht nur ein Wahrzeichen der Stadt, sondern auch ein Ort der Begegnung. So genießt sie weit über die Landesgrenzen hinaus große Wertschätzung. Die abwechslungsreichen Nutzungsmöglichkeiten und die ausgesprochen hohe Qualität in Technik und Service bieten erstklassige Optionen zur Durchführung unterschiedlichster Veranstaltungen.
Text & Gespräch: Martin G. Wanko
Bilder:© MCG/Martin Wiesner