Das vergangene Jahr war von großen wirtschaftlichen Herausforderungen geprägt, die auch Spuren am heimischen Arbeitsmarkt hinterlassen haben. So ist die Zahl der Arbeitslosen in der Steiermark 2023 (Jahresschnitt) um 5,4 Prozent auf 31.742 gestiegen. Am vorherrschenden Mangel an qualifiziertem Personal hat das aber wenig geändert, wie eine aktuelle Auswertung des WKO-Fachkräfteradars zeigt. Trotz Konjunkturflaute betrug der durchschnittliche Stellenandrang nur 1,53 – insgesamt zählen 78 Berufe weiterhin als Mangelberuf. „Das zeigt, wie groß die strukturellen Herausforderungen am Arbeitsmarkt sind, hier droht ein echter Flaschenhals für jeden künftigen Aufschwung“, warnt WKO-Steiermark-Präsident Josef Herk, der aus diesem Grund zusätzliche Leistungsanreize fordert.
Durch die demographische Entwicklung rollt eine enorme Pensionierungswelle auf unser Land zu. Innerhalb von 20 Jahren hat sich der Anteil der über 50-jährigen unselbstständig Beschäftigten in der Steiermark von 69.000 auf 155.000 mehr als verdoppelt. Der Anteil der unter 25-Jährigen in den steirischen Firmen hat dagegen im selben Zeitraum von 72.000 auf 63.000 abgenommen.
Für die Jahre ab 2023 sagt die Statistik Austria – trotz Annahme eines fortwährenden Zuzugs – eine Abnahme der Erwerbsbevölkerung (15-64 Jahre) voraus. „Vor diesem Hintergrund sehen wir auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten wenig Entspannung, was den Fachkräftemangel betrifft. Wir befinden uns inmitten eines massiven demographischen Wandels. Durch diesen droht die Frage der Verfügbarkeit von ausreichend qualifiziertem Personal immer mehr zum Flaschenhals für jeden künftigen Aufschwung zu werden“, mahnt WKO Steiermark Präsident Josef Herk.
Wie massiv heimische Unternehmen die Folgen dieses Wandels trotz der aktuellen Konjunkturflaute spüren, zeigt eine aktuelle Auswertung des WKO-Fachkräfteradars für das Jahr 2023. Hierbei wird die Zahl der Arbeitslosen (ab Lehre) pro offene Stelle als Indikator herangezogen, das Ergebnis daraus ist die sogenannte Stellenandrangsziffer. In der Steiermark ist diese in den vergangenen Jahren sukzessive gesunken und auch 2023 ist hier keine signifikante Verbesserung zu sehen. Betrug die Stellenandrangsziffer 2019 noch 2,34, so lag diese 2021 – trotz wirtschaftlicher Coronaverwerfungen – bei 1,90 und 2022 überhaupt nur mehr bei 1,19, wobei alle Werte unter 1,5 von den Experten der WKO grundsätzlich als Mangel eingestuft werden. Für 2023 weist das Fachkräfteradar nun einen Durchschnittswert von 1,53 aus, damit liegt dieser immer noch weit unter der Zeit vor Corona. „Trotz gestiegener Arbeitslosigkeit und großen wirtschaftlichen Herausforderungen ist der Fachkräftemangel in vielen Branchen nach wie vor stark spürbar.
Das zeigt, wie groß die strukturellen Herausforderungen am Arbeitsmarkt sind. Betriebe setzen nur in äußersten Notfällen Personal frei, weil sie genau wissen, dass dieses nur schwer wieder zu bekommen sein wird, wenn die Konjunktur anspringt – das hat uns bereits Corona gelehrt. 2024 könnte es hier aber trotzdem zu einem Kippeffekt kommen, sollte sich die Lage nicht bessern“, mahnt WKO Steiermark Präsident Josef Herk. Für 2023 weist das Fachkräfteradar 78 Mangelberufe für unser Bundesland aus, das sind um vier mehr als zu Zeiten vor Corona, aber doch deutlich weniger als im Jahr zuvor (129). „Der Grund dafür ist die schlechte Konjunktur, was aber nichts an den grundlegenden demographischen Problemen ändert“, so Herk.
Herk: „Leistung muss sich für die Menschen lohnen“
Für Herk besteht angesichts der strukturellen Herausforderungen akuter Handlungsbedarf: „Wir haben mittlerweile eine enorm hohe Beschäftigungsquote erreicht, trotzdem ist die Arbeitszeit rückläufig, weil vor allem immer mehr Junge nur mehr Teilzeit arbeiten wollen.“ Konkret ist die Zahl der durchschnittlich geleisteten Arbeitszeit seit 2004 von 33,9 auf 30,0 Stunden gesunken. Prognosen gehen zudem von einem weiteren Rückgang auf 28,3 Stunden bis 2040 aus. Herk tritt darum für zusätzliche Leistungsanreize ein. „Mehr Arbeit muss sich lohnen“, so der WKO-Präsident.
Herk fordert steuerliche Anreize für Vollzeitbeschäftigung, für die es auch entsprechende Rahmenbedingungen brauche (flächendeckender Ausbau der Kinderbetreuung für alle Altersstufen), eine Ausweitung der Steuerbefreiung von Überstunden und zusätzliche Anreize für ein längeres Arbeiten im Alter (Befreiung von erneuten Pensionsversicherungsbeiträgen für alle, die in ihrer Pension ein gewisses Stundenausmaß freiwillig weiterarbeiten wollen, 1.000 Euro Steuerfreibetrag).
Letzteres sei schon allein angesichts der demographischen Entwicklung notwendig: „Wir werden – der Medizin sei Dank – älter und älter, gehen aber früher in Pension als in den 70er Jahren. Das kann so nicht funktionieren! Wir bauen eine Hypothek gegenüber unserer Jugend auf, die ich für absolut unverantwortlich halte. Darum müssen wir in einem ersten Schritt das faktische Pensionsantrittsalter – derzeit 61,8 Jahre bei Männern und 59,8 bei Frauen – ans Gesetzliche anpassen. Und wir werden über kurz oder lang auch an einer Anpassung dieses Alters an die gestiegene Lebenserwartung nicht vorbeikommen. So ehrlich müssen wir den Menschen gegenüber sein.“ Denn in Österreich arbeiten aktuell gerade einmal 33,6 Prozent der 60- bis 64-Jährigen, während es in Deutschland 65,3 Prozent sind.
Es braucht steuerliche Anreize für Vollzeitbeschäftigung, sowie eine Ausweitung der Steuerbefreiung von Überstunden undzusätzliche Anreize für ein längeres Arbeiten im Alter.
Josef Herk, Unternehmer und Präsident der WKO Steiermark
Die steirischen Top-20 Mangelberufe im Jahr 2023
• Diplomingenieur:in & Techniker:in für Elektrotechnik 0,10
• Dachdecker:in 0,19
• Diplomingenieur:in & Techniker:in für Maschinenbau 0,22
• Diplomingenieur:in & Techniker:in für Datenverarbeitung 0,24
• Dipl. Krankenpfleger, -schwestern 0,24
• Elektroinstallateur/-monteur:in 0,31
• Spengler:in 0,37
• Diplomingenieur:in für Wirtschaftswesen 0,37
• Rohrinstallateur, -monteur:in 0,40
• Dreher:in 0,41
• Schlosser:in 0,42
• Augenoptiker:in 0,43
• Kraftfahrzeugmechaniker:in 0,45
• Schweißer:in 0,47
• Lackierer:in 0,47
• Medizinisch-technische Fachkräfte 0,50
• Arzt/Ärztin 0,60
• Buchhalter:in 0,62
• Elektromechaniker 0,64
• Gaststättenkoch/-köchin 0,73
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